Blog-Chronologie

Bei den Reiseberichten handelt es sich um die Zusammenfassung aller Blog-Beiträge, die während der Reise entstanden. Zuoberst erscheint der jüngste Beitrag. Wer also die Reise von Beginn weg nacherleben möchte, der muss am Ende der Seite mit dem Lesen beginnen.

Home sweet home

Irgendwann ist auch die schönste Reise zu Ende. 3 Monate waren wir unterwegs, 8050 Autokilometer haben wir zurückgelegt. Dazu Tausende von Schiffs- und Flugzeugkilometern. Vom hohen Norden in den tiefen Süden sind wir gereist. 5705 Fotos haben wir nach Hause gebracht. Unzählbar die Erinnerungen und Erfahrungen, die wir gemacht haben.

Die Rückreise war lang. Da ich in Flugzeugen einfach nicht schlafen kann, war dieser 12-Stunden-Flug einmal mehr eine Qual. Ich weiss jetzt wieder, warum wir auf der Hinreise das Schiff genommen haben :-) Naja, immerhin: der Bordservice der Lufthansa war wirklich vorbildlich. Das Essen sogar einmal geniessbar. Und das Bordprogramm hat mich durch die schlaflose Nacht gebracht. Der Hobbit I und II, damit war die Hälfte der Nacht schon vorbei…

In Frankfurt dann noch ein kurzer Transit, ein Hüpfer nach Zürich und schon war ich im Schweizer Frühling gelandet. Noch ist der Schlafrhythmus nicht ganz im Lot, aber im Grossen und Ganzen hab ich mich schon wieder gut eingelebt. Der Alltag geht schnell wieder los. Was bleibt, ist eine gewisse Leichtigkeit und Entspanntheit, die hoffentlich noch lange anhält. Es tut gut, das Leben in der Schweiz ständig ein wenig mit dem Leben in Südamerika zu vergleichen. Das entschleunigt :-)

Eine grosse Arbeit wartet nun auf mich, die zugleich eine Riesenfreude ist: Besagte 5705 Fotos wollen sortiert, bewertet und verwertet werden. Es ist schön, in den Erinnerungen zu schwelgen. Oft entdeckt man auf den Fotos noch Dinge, die man beim Fotografieren gar nicht bemerkt hat. Beim Blättern durch die Fotosammlung kann ich nochmals zurückreisen. Durch die Verwendung eines GPS beim Fotografieren weiss ich nun bei jedem Foto, woher es stammt und ich kann uns auf Google Maps nochmals nachreisen. Das macht Spass und wird mich noch viele Stunden fesseln :-)

Voll im Sumpf

Die Esteros del Iberá sind das zweitgrösste zusammenhängende Feuchtgebiet der Erde. Rund 13000 km2 Sumpf, Seen und Grasland. Heimat für eine vielfältige Flora und Fauna. Kaimane sonnen sich auf Grasinseln, die teils frei im Wasser schwimmen. Hirsche und Wasserschweine waten durch den Sumpf. Und dann trifft man natürlich Hunderte von Vogelarten, darunter Störche, Reiher, Eisvögel oder Kibize. Schlangen, Spinnen und viele Insekten dürfen nicht fehlen.

Wir erkunden den Sumpf bequem von der Lodge aus per Boot. Unsere Guides wissen genau, wo sie uns hinfahren müssen. Wir können ganz nahe an die Kaimane ran. Auch die Hirsche lassen sich nicht stören. Die Wasserschweine grasen ungerührt weiter. Meist übrigens mit einem Vogel auf dem Rücken. Dieser reitet im Trockenen mit und stürzt sich auf kleine Fische oder Insekten, die durch die pflügenden Schweine aufgeschreckt werden.

Heute dann ein besonderes Schmankerl: Piranhas fischen! Man spiesst ein Stück Poulet an einen Hacken, hängt diesen ins Wasser und 10 Sekunden später kann man den Piranha rausziehen. Sie beissen recht fleissig, sind aber teilweise so clever, dass sie auch einfach das Poulet vom Haken wegknabbern. Aus der Nähe sehen die Viecher schon recht gefährlich aus. Die Zähne sind messerscharf, die Fische selbst bestehen hauptsächlich aus Gräten und sie zappeln recht kräftig umher. Hält man ihnen ein Zweiglein ins Maul, schnappen sie zu. Auch dünne Ästchen durchbeissen sie locker. Wirklich gefährlich sind sie aber nur für andere Fische. Normalerweise könnte man hier trotz der Piranhas problemlos baden. Wir verzichten.

Die einzigen wirklichen Feinde für die Piranhas sind die Kaimane. Deren Zähne sind noch etwas schärfer, das Gebiss noch etwas kräftiger. Schnappt ein Kaiman einen Piranha, wird nicht lange gefackelt. Lange Zeit wurden die Kaimane hier im Sumpf gejagt. Als Folge davon gab es immer mehr Piranhas und als Folge davon wiederum immer weniger andere Fische. Inzwischen stehen die Kaimane unter Schutz und das System hat sich wieder erholt.

Überhaupt scheint es uns, dass die Leute hier ihrem Sumpf Sorge tragen. So ist es beispielsweise nur zu gewissen Zeiten möglich, mit dem Boot rauszufahren. Damit ist sichergestellt, dass die Tiere auch mal ihre Ruhe haben.

Und wir auch :-)

Pinienwälder

Für die letzten gemeinsamen Tage in Argentinien haben wir uns noch ein Zückerchen ausgesucht. Wir besuchen Regi, eine Kanti-Kollegin von Paola. Regi ist vor Jahren nach Argentinien ausgewandert und hat hier eine Lodge aufgezogen. Die Irupé-Lodge (www.ibera-argentina.com) befindet sich ganz im Norden Argentiniens in einem riesigen Sumpfgebiet, ähnlich dem brasilianischen Pantanal. Hier geniessen wir noch ein paar ruhige Tage und lassen uns zu Fuss, zu Ross oder zu Boot die örtliche Flora und Fauna zeigen.

Der Weg zur Lodge führt uns ein kurzes argentinisches Stückchen entlang von Eukalyptus- und Pinienwäldern zur Laguna Ibéra. „Argentinisch“ heisst: Vier Stunden Piste, die von den intensiven Regenfällen der letzten Tage total aufgeweicht und eher schwierig zu befahren ist. Aber: unser Fahrer hat das prima im Griff und wir können entspannt unseren Gedanken nachhängen.

Vor dem Autofenster ziehen endlose Pinienplantagen vorbei. Diese Gegend von Argentinien lebt von der Viehzucht, vom Mate-Anbau und eben vom Pinienholz. Nachdem das Vieh die gesamte ursprüngliche Vegetation abgefressen hatte und fast alle Primärwälder gerodet waren, wurden Pinien angepflanzt. In Reih und Glied stehen sie da. Dicht an dicht wachsen die Bäume schnell und gerade in die Höhe. Nach 15 bis 20 Jahren können sie gefällt werden. Das Holz kann zu guten Preisen verkauft werden, eignet es sich doch hervorragend als Bauholz oder zur Herstellung von Möbeln.

Eine praktische Sache. Man pflanzt an und wartet. Das Holz verspricht guten Profit und gibt nicht viel zu tun. Auf den ersten Blick sind die Wälder auch für die Landschaft gut. Sie halten den Wind ab und stabilisieren den Boden. Die rote Erde hier ist ziemlich nährstoffarm. Auf offenen Flächen wird der Boden durch den Regen schnell weggeschwemmt. Die Wurzeln der Bäume geben der Sache etwas Halt.

Auf den zweiten Blick erscheinen diese Wälder aber seltsam. Die Pinienbäume sind hier eigentlich nicht heimisch. Zudem sind es Zuchtformen, die schnell und einförmig wachsen. Alle Bäume sehen unheimlich gleich aus. Ein Pinienwald sieht aus wie eines jener Maisfelder, die wir aus unseren Breiten kennen. Jede Pflanze gleich wie die andere. Exakt gleich hoch, exakt in Reihen gepflanzt. Tiere gibt es in diesen Wäldern nicht. Mit den Pinien können weder Vögel noch Insekten viel anfangen. Durch die dichte Bepflanzung sind die Wäldchen so dunkel, dass man schon wenige Meter vom Waldrand entfernt absolut nichts mehr sehen kann. Der Boden wird zwar durch die Wurzeln stabilisiert, letztlich laugen die Bäume aber die Erde zusätzlich aus. Wenn die Wälder gerodet werden, dann bleibt praktisch tote Erde zurück. Und da selbstverständlich mit schweren Maschinen gerodet wird, wird die Erde auch gleich noch zu festem Lehm verdichtet. Tote Wälder, trotz lebender Bäume.

Was für ein Kontrast bilden dazu die wenigen heimischen, ursprünglichen Wäldchen. Lichte Mischwälder mit Bäumen, die in Wind und Wetter je eine eigene, individuelle Form entwickeln konnten. Diese Bäume erzählen Geschichten, bieten Unterschlupf für Vögel und Schatten für die hiesigen Tiere. Wie so oft: Ökonomisch wertlos, aber ökologisch von maximalem Nutzen. So, wie es eben nur die Natur einrichten kann.

Der Kreis schliesst sich

Seit dem letzten Bericht sind wieder ein paar hundert Kilometer vergangen. Wir sind mit der Fähre spätnachts in Quellón angekommen und waren gottenfroh, bereits eine Unterkunft organisiert zu haben. Das war dann zwar eine ziemlich üble Absteige ohne Frühstück, aber nach der Fährfahrt wollten wir nur noch schlafen.

Am nächsten Tag dann herrliches Wetter. Gerade richtig, um Chiloé zu erkunden. Es gab noch so einiges zu sehen. Beispielsweise die Kathedrale von Castro, bzw. die Kirche von Nercón. Beide sehen aus wie normale Kirchen, wie wir sie in Europa auch kennen. Der Unterschied besteht aber darin, dass sie komplett aus Holz gebaut sind. Alle Säulen, der Altar, die Kanzel – alles komplett aus Holz. Es sieht so aus wie ein klassischer steinerner Kirchenbau – riecht aber wie ein Engadiner Arvenstübli.

Ganz im Norden übernachteten wir nochmals bei Erica. Wir hatten ihr Hostal ganz am Anfang unserer Reise kennengelernt. Wir haben die Ruhe genossen, die in ihrem Haus herrscht. Sie selbst ist den ganzen Tag in der grossen Küche am Werk und hat uns dementsprechend mit Spezialitäten aus der Gegend verwöhnt. Herrlich.

In besagter Gegend sind wir auch nochmals Pinguine gucken gegangen. Wir waren etwas spät dran, aber wir erwischten zum Glück gerade noch eine der letzten Touren. So konnten wir im goldigen Abendlicht einen Blick auf 4 Pinguinkolonien werfen, die es sich hier auf den Felsen gemütlich gemacht haben.

Dann ging es weiter nach Puerto Varas, wo wir nach einigem Suchen eine tolle Unterkunft fanden. Oben auf dem Hügel mit Panoramasicht auf die Vulkane, die sich hier schneebedeckt in die Landschaft einbetten. Nachdem wir ja auf der Fähre gar nix gesehen hatten, konnten wir jetzt endlich einen dieser berühmten chilenischen Vulkankegel bestaunen. Check!

Vorgestern haben wir dann unser Auto in Puerto Montt abgegeben. Nach exakt 8050 Kilometern. Der Toyota wurde seinem Ruf gerecht. Nicht das kleinste Problem. Etwas dreckig war er zwar, aber das brauchte uns ja nicht zu kümmern.

Von Puerto Montt, Chile, fuhren wir anschliessend im Bus und bei schönstem Wetter zurück nach Bariloche in Argentinien. Eine wunderbare Fahrt, olfaktorisch etwas getrübt durch den französischen Sitzbachbarn, der unbedingt seine Schuhe ausziehen musste. Ach wir höflichen Schweizer. Still und demütig haben wir es erduldet…

Von Bariloche dann mit dem Flugi zurück nach Buenos Aires. Und hier schliesst sich der Kreis. Beim Landeanflug ziehen wir eine wunderschöne Schlaufe über Downtown BA und den Frachthafen. Und wir können von oben zuschauen, wie die Paranagua Express just in diesem Moment wieder anlegt. Sie war inzwischen zurück in Hamburg und hat neue Container für BA mitgebracht. Was für ein Zufall, dass sie in diesen Minuten grad wie wir ankommt. Zu blöd, dass wir alle elektronischen Geräte ausgeschaltet haben. So können wir diesen Moment halt nicht fotografisch festhalten.

Damit könnte unsere Reise nun zu Ende sein. Ist sie aber nicht. Dieser Bericht entstand gestern. Heute sind wir schon wieder einen Schritt weiter. Wo genau, verrate ich morgen.

Fähre fahren

Eigentlich ein guter Plan: Um nicht die ganze Strecke nach Puerto Montt mit dem Auto zurücklegen zu müssen, sind wir in Puerto Chacabuco auf eine Fähre gewechselt, die uns nach Quellón bringt. So können wir auch noch die Insel Chiloé etwas geniessen.
Aber eben. Immer wenn wir hier oben im Norden mit der Fähre unterwegs sind, dann schlägt das Wetter um. Wir sehen wieder mal gar nix. Dabei hätte es schneebedeckte Vulkane am Weg. Stattdessen sitzen wir 24 Stunden auf einer feuchten, aber innerhin geheizten Fähre fest und können durch die beschlagenen Scheiben schlichtweg gar nichts erkennen. Raus kann man auch nicht. Es regnet horizontal von allen Seiten. Hab ich den Wind schon erwähnt? Und die hohen Wellen?
Frau wird wie viele andere seekrank. Jetzt. Auf der Fähre. Nach 3 Wochen Frachtschiff. Mann ist einigermassen seefest, die zunehmend stickige und säuerliche Luft im Salon hilft aber nicht unbedingt.
Also ziehen wir uns ins Auto zurück. Aus irgendeinem Grund haben wir ja so ein Riesending. Ersatzrad raus unters Auto, Gepäck auf die Fahrersitze. Schlafsäcke raus und schon haben wir es einigermassen bequem. Und hier haben wir frische Luft. Das hilft. Wir schlafen und träumen von den Vulkanen.

(Fast) immer geradeaus

1700 Kilometer haben wir in den letzten 4 Tagen hinter uns gebracht. Wir sind praktisch in einem Rutsch von Ushuaia bis Chile Chico durchgefahren. Das geht ganz gut, wenn man sich zu zweit ablösen kann. Und wir kennen ja die Route schon vom Südwärts-Fahren.
Nichtsdestotrotz: so ganz ungefährlich ist die Sache nicht. Zwar sind die wesentlichen Strassen asphaltiert. Aber zwischendurch kürzt man halt über Schotterpisten ab. Dann holpert es schnell mal wieder für 100 Kilometer.
Abgesehen davon: auch auf Asphaltstrassen muss man aufpassen. Der starke Wind rüttelt kräftig am Auto. Man muss ständig gegensteuern. Dann laufen immer wieder mal Tiere über die Strassen. Vögel, Hasen, Füchse. Aber auch Guanakos. Einmal kam uns sogar eine ganze Schafherde entgegen. Minutenlang ’schwammen‘ wir in Hunderten von Schafen.
Und dann darf man die Kurven nicht unterschätzen. Die Kurven selbst sind zwar nicht so arg. Aber wenn man minutenlang schnurgeradeaus fährt, dann muss man gut Acht geben, dass man die Kurve kriegt. Teilweise geht es 10, 20, gar 50 Kilometer einfach geradeaus. Und dann gibts eine klitzekleine Kurve, bevor man wieder eine kilometerlange Gerade vor sich hat. Tückisch, zumal man auf der Geraden schnell mal auf 120 Stundenkilometern oben ist. Oder mehr… auf dem Weg sind uns einige Autowracks begegnet, die am Strassenrand verrosten. Einige durchaus neueren Datums.
Item: bei uns ist alles gut gegangen. Die Fahrt war anstrengend, aber immer kontrolliert. Heute haben wir uns einen Ruhetag gegönnt, bevor wir morgen weiterfahren. Für einmal lassen wir uns dann kutschieren. Wieder mal auf einer Fähre.

Lue zersch wohär dass dr Wind wääit

Der patagonische Wind hat es in sich. Da muss man gut schauen, dass man beim Pinkeln richtig steht.
Heute hatten wir ausgiebig Gelegenheit, uns mit diesem Wind Sturm herumzuschlagen. Wir sind von Ushuaia aus quer durch Feuerland nach Norden zurückgefahren. Zuerst auf der schnellen Teerstrasse, dann ab Rio Grande querfeldein.
Der Wind hat dabei kräftig an unseren 2.5 t Auto gerüttelt. Ein- und Aussteigen war meist ein Kraftakt. Man muss die Türe richtiggehend aufstemmen. Die Staubfahnen der Piste waren teilweise kilometerweit zu sehen.
Landschaftlich gibt es nicht allzu viel zu sehen. Die Gegend ist flach, am Boden trotzen flache, drahtige Grasbüschel dem starken Wind. Sonst wächst hier nix. Ab und zu steht ein Büschel auf, geht ein paar Schritte und kauert sich dann wieder möglichst flach in eine Nische. Das war dann kein Grasbüschel sondern ein Schaf. Von denen hat es viele. Dazwischen ab und zu eine Erdölpumpe. Und das war’s.
Trotzdem oder gerade deswegen ist es toll, durch diese Landschaft zu fahren. Diese Weite, diese Leere…
An der Bahía Inutíl angekommen – der unnützen Bucht – sehen wir Pinguine. Eine Kolonie Königspinguine hat es aus unerklärlichen Gründen hierher verschlagen. Jetzt bleiben sie hier und watscheln ungeachtet des Windes zufrieden herum, während nebendran das Meer schäumt.
Mit diesem starken Wind kann heute Abend die Fähre ans Festland nicht ablegen. Also stranden wir mit vielen anderen in einem Kaff namens Cerro Sombrero. Ein Restaurant, ein Hotel. Und wie immer, wenn es nur eines gibt: grosse Preise, kleine Zimmer und alles schön siffig. Das Bett ist aber sauber, die Heizung funktioniert und so schlafen wir auch in dieser Nacht gut, während draussen immer noch der Wind rauscht.

Am Ende der Welt

Wir haben es geschafft: wir sind in Ushuaia angekommen. Die Stadt, die sich gerne „das Ende der Welt“ nennt. Naja, so genau stimmt das natürlich nicht, denn einige Kilometer weiter südlich hat’s nochmals ein kleines Örtchen. Und dann hat’s auf der chilenischen Seite noch ganz viele kleine Siedlungen und bewohnte Inseln, aber da nehmen es die Argentinier halt nicht so genau.

Die Chilenen und die Argentinier sind sich in dieser Gegend politisch nicht ganz so wohlgesinnt. Denn eigentlich machen sich die Argentinos hier auf chilenischem Land ganz schön breit. Frech haben sie hier ein grosses Stück von Feuerland an sich genommen und einfach mal diese Stadt namens Ushuaia gegründet. Der Staat zahlt kräftig Subventionen, damit Leute und Unternehmen sich niederlassen. Man will Präsenz markieren, obwohl Ushuaia auf dem Landweg nicht mal direkt von Argentinien her erreichbar ist. Der Weg führt immer über Chile.

Dennoch: der Plan funktioniert. Ushuaia blüht und wächst ständig. Ziemlich unkontrolliert werden hier Häuser aufgezogen, Wald gerodet und man hat den starken Eindruck, dass es die Technik der Raumplanung noch nicht so recht bis hierhin geschafft hat. Das Ganze fühlt sich ein wenig an wie Wilder Westen, bzw. eben Wilder Süden. Dazu passt, dass die ganze Stadt mit ihrem Hafen eine Zollfreihandelszone ist. Diverse DutyFree-Shops laden zum Einkaufen ein. Billiger ist es deswegen nicht, denn wo so viele Touristen sind, da kann man auch ordentlich Geld verlangen.

Das Gezänk mit Chile kommt nicht von ungefähr. Ganz in der Nähe zankt man sich ja auch noch mit Grossbritannien um die Falklandinseln. Der Grund liegt auf der Hand: Der Zugang zur Antarktis. Schon jetzt ist Ushuaia DER wichtigste Hafen, um in die Antarktis zu gelangen. Sowohl für Touristen wie auch für den Frachtverkehr. Und falls irgendwann der Antarktis-Vertrag mal nicht verlängert wird und die Gegend da unten an Staaten verteilt wird, dann wollen hier alle ein Stückchen abhaben. Schliesslich winken unter dem Eis Rohstoffe in Hülle und Fülle. Hoffen wir, dass der Antarktis-Vertrag nie aufgekündigt wird, denn darin ist für den Moment geregelt, dass der südlichste Teil unserer Erde niemandem gehört und auch von niemandem ausgebeutet werden darf.

Item: hier in Ushuaia spürt man Feuerland pur. Es weht ein beständiger kalter Wind.  Mit Wind ist dabei eher Sturm gemeint, der einem unverhofft ziemlich aus dem Tritt bringen kann. In einer Minute scheint die Sonne, dann fällt bereits wieder Schnee. Das typische Klima für den Süden Feuerlands. Im Norden der Tierra del Fuego ist es wesentlich trockener, der Wind hat sich da an den südlichen Ausläufern der Anden bereits ausgeregnet und so weht er im Norden zwar ebenso stark, aber auch wärmer. Wir haben gestern die Gegend von Norden her durchfahren, eine etwas einsame Angelegenheit, denn ausser viel Gras gibt es wenig zu sehen. Ganz im Süden hat’s dann eben nochmals ein paar Berge und dann landet man unverhofft hier am Beagle-Kanal, wo der südamerikanische Kontinent jäh endet.

Wir haben damit den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Ab morgen fahren wir wieder nordwärts. In den letzten 5 Wochen haben wir 5530 km zurückgelegt. Die müssen wir jetzt innert 2 Wochen wieder zurück. Naja, ganz so viele Schlaufen wie auf dem Hinweg machen wir natürlich nicht. Trotzdem brauchen wir gute 6 Tage, um wieder nach Puerto Aysen zu gelangen. Dort nehmen wir dann die Fähre und fahren rüber nach Quellón. Danach sind es dann nochmals rund 4 Tage, bis wir wieder in Puerto Montt am Ende bzw. Anfang unserer Autoreise stehen.

Torres del Paine

Die letzten Tage haben wir in und um Puerto Natales verbracht. Dieses kleine chilenische Städtchen ist das Eingangstor zum Torres del Paine-Nationalpark – ein weiteres patagonisches Highlight. Und es geht noch weiter südwärts.

Nachdem wir in El Chaltén den Fitz Roy und in El Calafate den Perito Moreno bei schönstem Wetter bestaunt und genossen haben, sind wir wieder nach Chile gewechselt und haben uns das dritte Juwel dieser Gegend angeschaut. Der Nationalpark Torres del Paine ist bekannt für die 3 nadelartigen Granitberge gleichen Namens. Dem Namen nach sind das die „Türme des blauen Himmels“. Selbigen haben wir leider nicht gesehen. Nachdem wir nun über 4 Wochen bei absolutem Wetterglück, sprich: Sonnenschein durch die Gegend gefahren sind, mussten wir die letzten 2 Tage mit ein paar Wolken leben. Bei weitem noch kein schlechtes Wetter, bloss haben wir die Zinnen halt immer vor gräulichem Hintergrund gesehen. Allerdings sind patagonische Wolken mindestens genauso sehenswert wie die ganze Landschaft. Die heftigen Winde zaubern Formen und Farben in den Himmel, da muss man auf dem Wanderweg manchmal ganz schön aufpassen, dass man vor lauter Hans-Guck-in-die-Luft nicht plötzlich den Boden küsst.

Der Nationalpark hat allerdings nicht nur 3 Granitnadeln zu bieten sondern natürlich auch Gletscher. Und eine Landschaft, die deutlich von Gletschern geprägt wurde. Verschiedenfarbige Gletscherseen zwischen rundgeschliffenen Felsen. Dazwischen kleine Bäumchen und zähe Grasbüschel, die der heftigen Witterung widerstehen. Im Park trifft man immer wieder auf Guanakos, die hiesige Lama-Art sowie Nandus, eine südamerikanische Straussenart. Die Landschaft ist einmal mehr bezaubernd, wenngleich sich zumindest bei mir ein gewisses Sättigungsgefühl einstellt. Wir haben in den letzten Wochen so viele Berge, Gletscher und Seen gesehen, dass es schwer wird, das Niveau hochzuhalten :-)

Bei einem unserer Picknick-Halte sind wir darauf gekommen, dass wir uns momentan auf rund 51° südlicher Breite befinden. Wir werden in den nächsten Tagen noch weiter südwärts fahren. Aufgrund des durchgehend guten Wetters haben wir genug Zeit, um ganz runter nach Ushuaia zu gelangen. Viel weiter südlich kann man eigentlich per Auto gar nicht reisen. Man könnte noch aufs Schiff umsteigen und in die Antarktis schippern – aber das machen wir dann ein anderes Mal.

Damit hat uns unsere Reise von 53° Nord (Hamburg) dann ziemlich genau nach 53° Süd (Ushuaia) geführt. Für Geografen wie mich ein schönes Zahlenspiel. Mit Ushuaia reissen wir auch unseren persönlichen Süd-Rekord: unser südlichster bereister Ort war bisher Invercargill in Neuseeland auf rund 46° Süd. Im Norden kamen wir natürlich schon über Hamburg hinaus. Letztes Jahr in Finnland oder dann noch zu Uni-Zeiten, als ich mit einer Exkursion Spitzbergen (rund 78° Nord) besuchen durfte. Damit wäre der Erdball von Nord nach Süd bereist. Bleiben noch die beiden Pole. Und von Ost nach West haben wir auch noch genug Flecken, die wir noch nicht gesehen haben…

Breaking: Best.Hotel.EVER

Eigentlich wollten wir ein Kühlhaus besichtigen. Gelandet sind wir in einem Hotel-Traum.
Die Geschichte geht so: Basis für den Erfolg im Fleischhandel war die Möglichkeit, Fleisch zu kühlen und zu lagern, damit es dann per Schiff transportiert werden konnte. Zu diesem Zweck wurden grosse Kühlhäuser errichtet wie dieses hier in Puerto Natales, in dem über 850000 Tonnen Fleisch gekühlt und gelagert werden konnten.
Wir lesen auf einer Postkarte davon, dass man diese inzwischen stillgelegten historischen Hallen besichtigen könne. Spannend, also nix wie hin.
Bei der Anfahrt sind wir etwas irritiert. Das Tor ist verschlossen. Etwas weiter oben gibt es eine zweite Einfahrt, die zu einem Hotel führt. Da wollen wir uns nach dem Museum erkundigen, also folgen wir dem Wegweiser zur Reception. Wir betreten eine Wellblechscheune. Unsere Irritation wird grösser. Im Schuppen stehen etwa 6 blitzblanke weisse Geländefahrzeuge mit dem Namen des Hotels. Ganz hinten in der Scheune hats eine geräumige Glaskabine – die Reception. Da gehen wir hin und erfahren: das Museum gibt es nicht mehr. Aus der Fleischkühlfabrik wurde ein Hotel der gehobenen Kategorie. Ob wir denn trotzdem einen Blick werfen könnten? … Klar, kein Problem, bitte sehr.
In Faserpelz und Jeans betreten wir ein kleines Polybähnli. Wir waren den ganzen Tag auf staubigen Pisten und haben noch nicht geduscht. Immerhin haben wir die Trekking-Schuhe im Auto gelassen.
Die Standseilbahn bringt uns an die richtige Reception. Oben war nur der Vorposten. Und wir staunen: die ganze Kühlfabrik wurde ausgehöhlt und innen komplett neu zu einem Hotel gestaltet. Dabei wurden aber die alten Maschinen und Räume erhalten. Wir dürfen alles besichtigen. Die Hotelgäste gehen auf dem Weg in ihre Zimmer durch den alten Heizungs- und Maschinenraum. Heizung? In einem Kühlhaus? Ja, denn Kühlen mit Ammoniak braucht Energie. Die Energie kommt von einem Generator und dieser wurde mit Dampf betrieben. All das kann man noch anschauen, die schweren Geräte werden als Teil des Hotels liebevoll ausgestellt.
Wir gehen in die Bar. Diese befindet sich in einer ehemaligen Lagerhalle. Uns erwarten alte Backsteinwände, ein riesiger offener Kamin, in dem ein Feuer brennt. Dazu bequeme Sofas und Lederstühle direkt aus dem Antiquitätenladen. Unglaublich schön! Darauf einen Pisco Sour!
An die Bar angrenzend der Speisesaal. Einladend! Also beschliessen wir – trotz unseres Aufzugs – zu bleiben und zu essen. Das Essen ist göttlich. Der Wein natürlich auch. Wir können uns nicht sattsehen an all den liebevollen Details. Überall Gegenstände, Nippes und Fotos aus der alten Fabrik. Unglaublich, was wir da entdeckt haben. Und eigentlich wollten wir nur ins Museum ;-)
Der Name des Hotels: THE SINGULAR. Einzigartig

20 Jahre danach

Während meinem Studium sass ich eines Nachmittags im dunklen Hörsaal. Auf dem Programm stand Glaziologie. Die Gletscher der Welt. Da sah ich ihn zum ersten Mal: den Perito Moreno. Jenen riesigen Gletscher in Argentinien, der direkt in den Lago Argentino mündet. Eine Gletscherzunge von rund 5 Kilometern Breite und rund 60 Metern Höhe. Die Zunge stösst auf die gegenüberliegende Halbinsel, auf der wir jetzt stehen. Hier zeigt sich die Zunge als nahezu senkrechte Eiswand, von der immer wieder Eisbrocken abbrechen. Damals sah ich das auf einem Dia. Und ich wusste: irgendwann werde ich mir das in echt anschauen.
Heute war es soweit. Der Gletscher lag in seiner ganzen Schönheit vor mir. Unbeschreiblich. Von der gegenüberliegenden Halbinsel kann man auf einige Hundert Meter Distanz auf die Eiswand blicken. Und zusehen, wie die Eisblöcke ins Wasser donnern.
Natürlich warten alle mit gezücktem Fotoapparat auf den einen Moment. Jeder will einen Eisabbruch sehen und wenn möglich fotografieren. So auch wir. Und wir hatten Glück. Nach mehreren Abbrüchen, bei denen wir immer irgendwie falsch standen oder in die falsche Richtung guckten, fanden wir einen Ort, wo es gebenüber immer wieder rieselte und knackste. Wir waren uns sicher: da kommt was. Also Kamera und iPhone parat und warten. Irgendwann wird es kalt. Paola muss Handschuhe anziehen. Wir bereiten uns gerade auf Wachablösung vor. Da passiert es: genau da, wo wir es dachten, rutscht ein haushoher Block runter. Paola kann grad noch draufhalten. Das iPhone macht Dauerfeuer: 440 Fotos. Wow!
Inzwischen ist es wirklich kalt, ausserdem drückt die Blase. Glückselig packen wir zusammen und machen uns auf den Rückweg durch die Bäume. 5 Minuten später rumpelt es. Es kracht, es donnert. Hinter den Baumwipfeln spritzen Eismocken umher. Wir verpassen, wie genau am gleichen Ort nochmals ein Block runtergeht, dieses Mal wäre es ein Wolkenkratzer. So nahe liegen Glück und Pech beeinander.
Wobei: wirkliches Pech kann man das ja dann doch nicht nennen. Letztlich ist es ja Nebensache, wie gross die Blöcke sind. Viel wichtiger ist es, dieses Naturschauspiel mal erlebt, gesehen, gehört zu haben. Nicht im Hörsaal, sondern live, direkt vor dem Gletscher.
Ach ja: wir sind nach der Aufwärmpause dann nochmals an den Ort des Geschehens zurück und haben bis zum Eindunkeln weitergestaunt. Am Schluss waren nur noch wir und ein Japaner da. Wir kamen ins Gespräch. Ikuo ist 3D-Künstler, hat den ganzen Abbruch als 3D-Film aufgenommen und uns schon mal seine Mail-Adresse gegeben ;-)

Ein Fleischtraum

Da braucht es nicht viele Worte. Ein halbes Kilo Rind, perfekt gebraten. Traumhaft. Genug für zwei.

Ach du heiliger Franziskus

Die Argentinier sind natürlich stolz auf „ihren“ Papst. Oft trifft man sein Gesicht in Hotels, Läden oder auch auf Plakaten an. Meist gibt man ihm einen würdigen Platz an der Wand.
Gestern kamen wir in einem dieser Kioske vorbei, wo es alles zu kaufen gibt, was der reisende Argentinier braucht: Getränke, Snacks, WC-Papier, Termoskrüge, Mate-Tee und natürlich Alkohol. Das populäre Bier „Quilmes“ gibt es in praktischen Literflaschen und argentinischer Wein ist allenthalben zu haben.
Meist sind diese Kioske klein, eng und vollgestopft, wobei man wahrscheinlich nur die Hälfte des Sortiments wirklich sieht. Wahrscheinlich findet man in Schubladen und Schränken auch noch Dinge wie Vogelhäuschen, Kochpfannen und Pferdesättel. Man muss nur fragen.
Gefallen hat uns dieser Laden, in dem Papst Franziskus seinen „würdigen“ Platz inmitten von Hochgeistigem gefunden hat.

Südwärts

Nach unserem Trip in die Laguna San Rafael sind wir donnerstags für einen weiteren Tag in Rio Tranquilo geblieben. Am Freitag ging es dann weiter nach Chile Chico nahe der argentinischen Grenze. Die holprige Piste führte rund um den Lago General Carrera. Die Ausblicke auf den See waren immer wieder beeindruckend. Das Wasser leuchtete in allen erdenklichen Blautönen, am Himmel jagten graue und weisse Wolken vorbei und am Horizont blickten wir auf schneeweisse Gletscher.
Die Fahrt machten wir nicht allein. Vor ein paar Tagen hatten wir Hitchhiker mitgenommen, zwei Deutsche, mit denen wir uns gut verstanden. Jona, der eine von ihnen, war inzwischen ebenfalls in Rio Tranquilo angekommen, bzw. gestrandet. Er war froh, dass wir uns wieder trafen und er mit uns weiterfahren konnte. Er ist mit einer losen Clique unterwegs und so lernten wir auch noch Siv, eine Amerikanerin, und Nik, einen Australier kennen. Zu fünft holperten wir also am Freitag um den See und verstanden uns blendend.
Abends landeten wir in Chile Choco, fanden ein Hostel mit Campingplatz und so gab es noch ein gemeinsames Abendessen. Inzwischen war auch Tanja noch zu uns gestossen, die wir damals mit Jona mitgenommen hatten.
Der Samstagmorgen begann dann noch mit einem schönen Frühstück zu sechst, bevor wir wieder allein weiterfuhren. Wir wechselten wieder nach Argentinien. In den letzten Tagen haben wir etwas gebummelt und nun mussten wir mal einen Rutsch südwärts. Also gaben wir unserem Toyota die Sporen und frassen Kilometer. Einen kleinen Halt gab es – die 8000 Jahre alten Wandmalereien der Cueva de los manos liessen wir uns nicht entgehen.
Auch heute fuhren wir nochmals den ganzen Tag – insgesamt haben wir seit gestern morgen rund 700 km hingelegt. Über Asphalt und Piste, mal mit 120, mal mit 20 km/h. Durch Sonne, durch Regen, durch peitschenden Wind. Die Steppenlandschaft auf den ersten Blick öde, für uns aber doch immer spannend und abwechslungsreich.
Heute Nachmittag kam dann unser Ziel in Sicht – der Fitz Roy – quasi das Matterhorn Patagoniens. Rund um dieses Gebirgsmassiv werden wir nun die nächsten Tage bleiben. Diese Gegend ist das eigentliche Epizentrum von Patagonien. Und wenn wir bis jetzt auch schon ganz viele Höhepunkte erlebt haben, dann werden hier wohl noch einige weitere Patagonienträume wahr.

Masseneiswanderung*

Heute haben wir die Masseneiswanderung mit eigenen Augen gesehen. Da liegt er, der Gletscher. Inmitten idyllischer Berge, dick und fett. Mächtig, reich an weissem, blitzsauberem Eis. Doch weil aus südöstlicher Richtung zuviel Eis zu schnell zum Gletscher strömt, baut sich im öffentlichen Raum der Gletscherzunge grosser Druck auf. Wird der Dichtestress zu gross, trennt sich der Gletscher ab und zu von einer Ladung Eis und schiebt ein Kontingent ums andere ins Meer ab.
Diesen Vorgang konnten wir heute aus nächster Nähe beobachten. Unser Ausflug in die Laguna San Rafael startete bei bestem Wetter in Puerto Tranquillo. Zuerst ging es im 4×4 zwei Stunden dem Rio Exploradores entlang. Mangels Brücke setzten wir mit dem Boot über den Fluss und zuckelten mit dem Büssli nochmals 10 km weiter. Dann hiess es Schwimmwesten anziehen und in ein kleines Schiff – Typ lottriges Hausboot – umsteigen. Zuerst dümpelten wir eine halbe Stunde den Fluss runter. Dann legte der Kapitän den Hebel um, der Bug stellte sich in den Wind und von da an gings mit Vollschnaps über die Lagune.
2 Stunden später sind wir da. Direkt vor einer grossen weissen Eiswand. Der Fahrer stellt den Motor ab – es herrscht Ruhe. Im Eis knirscht und knackt es. Um uns herum treiben Eisschollen. Das Eis schmilzt, man hört es. Es ploppt. Als ob man diese Plastikfolie zerdrückt, die man zum Verpacken braucht. Ein paar Seevögel kreischen.
Da plötzlich, ein dumpfer Knall, eine Wasserfontäne. Immer wieder brechen kleine und grosse Eisbrocken ab und fallen mit Getöse ins Wasser. Die grossen Blöcke fallen in Zeitlupe herunter, tauchen kurz unter und treiben dann majestätisch vom Gletscher weg.
Rund eine Stunde verbringen wir vor dem Gletscher. Hören zu, wie er schmilzt. Noch vor 20 Jahren ragte seine Zunge weit in die Lagune hinaus. Jetzt zieht er sich zurück. In 30 Jahren wird er nicht mehr da sein. Einfach verschwunden. Von der Hitze der globalisierten Welt dahingeschmolzen.
Der Kapitän startet den Motor und wir treiben zusammen mit einigen abgestossenen Eisschollen weg vom grossen behäbigen Gletscher. Zurück ins Basislager.

  • Danke, Koni, für den Titel ;-)

Die Freiheit nehm ich mir

Auf den langen Fahrten sollte man von zwei Dingen immer genug haben: Benzin und Geld. Das wäre heute fast schiefgegangen.
Mit dem Benzin gab es keine Probleme. Da sind wir seit dem zweiten Tag wachsam, denn bei unserer ersten längeren Fahrt mussten wir feststellen, dass es in Chile nicht an jeder Ecke Benzin gibt. Das Lämpchen leuchtete bedrohlich rot und innerhalb von rund 50km gab es keine Tankstelle. Anfängerfehler, und wir hatten keine Ahnung, wie weit wir mit unserem Riesendings noch kommen würden. Ein Bauarbeiter kannte dann einen, der noch ein Fläschchen Bleifrei in der Scheune hatte und im nächsten Dorf konnte uns eine nette Dame dann nochmals mit ein paar Litern aushelfen.
Heute nun das andere Problem. Wir sind der Carretera Austral weiter nach Süden gefolgt und geniessen auf der holprigen Schotterpiste die sensationellen Ausblicke auf hängende Gletscher, Wasserfälle und geheimnisvolle Wälder. Dazwischen machen wir Halt in kleinen Städtchen, wo wir uns jeweils eine Unterkunft suchen, etwas Leckeres essen und dazwischen sogar mal in den warmen Thermen baden gehen.
Nun gibt es leider nicht in jedem Dorf einen Bankomaten. Heute haben wir – ziemlich blank – das Küstenstädtchen Puerto Cisnes angesteuert. Gemäss Karte gibt es hier den nächsten Bankomaten, der nächste ist dann doch nochmals 170 km entfernt.
Dummerweise ist der hiesige Automat kaputt.
Das ist jetzt blöd.
Nach längerem Suchen finden wir zwar ein hübsches Hotel, aber da langt die Kohle nicht. Mit VISA kann man leider nirgends zahlen. Und Znacht sollten wir auch noch irgendwie haben.
So kurven wir in der knallenden Abendsonne durch den Ort, fragen in diversen Cajeras und Supermercados, ob wir irgendwie mit VISA Geld beziehen können. Leider hat’s nirgends eine ein entsprechendes Gerät. Schliesslich – nach rund einer Stunde – der rettende Hinweis auf einen Supermarkt, wo der Deal möglich sein sollte. Und tatsächlich: bei einem kleinen Einkauf berechnet uns die Kassendame etwas mehr und gibt uns dann etwas Bargeld heraus.
Nun müsste allerdings noch die Karte funktionieren. Tut sie nämlich nicht. Also zurück ins Auto, wir haben ja noch eine zweite Karte dabei. Und mit der klappt es dann auch tatsächlich. Viel bekommen wir nicht, aber es genügt für ein Zimmer mit Znacht. Gerettet!
So blieben uns heute Abend die 170 Kilometer Fahrt erspart. Die machen wir dann morgen und hoffen, dass der dortige Bankomat funktioniert. Und bei der Gelegenheit werden wir wohl zur Sicherheit auch gleich mal wieder tanken.

Wir sind wieder drin

Chile hat uns wieder. Der Zoll war schnell erledigt. Nun gibt’s erst mal Znacht.

Von Chile nach Argentinien

Den Grenzübertritt von Chile nach Argentinien haben wir gestern in vielfältiger Art und Weise „erfahren“. Von Chaitém ging es zuerst mal weiter auf der Carretera Austral, zuerst auf geteerter, dann wieder auf geschotterter Strasse. Vorbei an Seen und Flüssen durch die satte, grüne chilenische Vegetation. Die Strasse führte immer höher, die Vegetation wurde etwas lichter. Allerdings ist die Andenkette in dieser Region nicht gar so hoch und so haben wir den Pass bald erreicht, auf dem die Grenze zwischen Chile und Argentinien lag. Von da waren es dann nochmals gut 40km fahrt bis Trevelin, wo wir übernachteten.

Den Klimaunterschied zwischen Chile und Argentinien erlebt man sehr direkt. Auf chilenischer Seite ist es feucht, neblig, regnerisch. Das kommt daher, dass sich die pazifischen Winde an den Berghängen ausregnen. Auf der argentinischen Seite hinter der Andenkette ist die Luft dann bereits trocken und zudem fliesst sie über dem Kamm wieder einige Höhenmeter hinunter. Dadurch entsteht das, was wir bei uns in der Schweiz als Föhn kennen. Warme, trockene Luft, wolkenloser Himmel. Vom Faserpelz zu den kurzen Hosen also.

Den Grenzübertritt haben wir aber auch noch in anderer Hinsicht erlebt. Wir standen gestern frohen Mutes am chilenischen Zoll. Da wir ein chilenisches Auto haben, müssen wir dieses beim Grenzübertritt deklarieren – wir mussten beim Autoverleiher vorher die entsprechende Erlaubnis zum Grenzübertritt einholen. Nur leider fehlten uns einige wichtige Papiere. Der chilenische Zollbeamte liess uns nicht raus. Also zurück ins letzte Dorf mit dem schönen Namen Futaleufú. Darunter darf man sich nichts Grosses vorstellen – ein paar Häuser, eine Plaza und eine Kirche. Aber immerhin so gross, dass es Gott sei dank einen lokalen Computerfreak gab, der in seinem „Laden“ so ziemlich alle benötigten technischen Geräte zur Verfügung hatte: Computer mit Internetanschluss, Drucker und Scanner. Also bei der Verleihstelle (in Puerto Montt, immerhin 3 Reisetage entfernt und die wollten zuerst, dass wir das Dok am Schalter abholen) anrufen, Dokument per Mail zusenden lassen. Ausdrucken. Unterschreiben. Scannen. Zurückschicken, damit der Autoverleiher seine Stempel druntersetzen kann. Dann wieder an uns mailen und nochmals ausdrucken. Hat dank technischer Unterstützung gut geklappt und auch nur 3 Stunden gedauert.

Dann nochmals zum Zoll. Dieses Mal ist der chilenische Beamte zufrieden. Also weiter zum argentinischen Posten. Hier schüttelt der Zollbeamte den Kopf, er hat keine Ahnung, wie er unseren Grenzübertritt in seinem Computersystem erfassen muss. Nach langem Hin und Her mit seinem Kollegen und weil er grad Zeit hat und weil Paola so charmant mit ihm plaudert klappt es dann doch irgendwie. Der Weg ist frei.

Allerdings hat uns die ganze Sache soviel Zeit gekostet, dass nun alle Unterkünfte in Trevelin schon ausgebucht sind. Bis auf eine Posada etwas ausserhalb des Städtchens. Also zurück in die Richtung, aus der wir gerade gekommen sind. Inzwischen ist es stockdunkel. Auf der Schotterpiste schleichen wir langsam vor uns her, es ist schwierig, links und rechts die Schilder zu erkennen. Wir finden die Posada nicht. Keine Chance. Also umkehren, zurück ins Städtchen, nochmals fragen. Dieses Mal kriegen wir genaue Auskunft, wo wir suchen müssen. Nochmals zurück auf die Piste. Und siehe da: so gegen 23 Uhr haben wir unser Nachtlager gefunden. Ein sehr schönes übrigens bei Jorge, der uns freundlich aufnimmt und froh um Gesellschaft ist. Wären wir beim ersten Versuch im Dunkeln nur noch 300 Meter weitergefahren, dann wären wir übrigens direkt beim Eingang zur Posada gelandet.

Naja. Immerhin gab es dann doch noch ein bequemes Bett, heute ein gutes Frühstück und ein Ausflug in den hiesigen Nationalpark. Allerdings waren uns auch da die Reisegötter nicht ganz so hold: Aufgrund einer sehr hohen Rattenpopulation sind momentan alle Wanderungen im Nationalpark untersagt. Hanta-Virengefahr. Nicht wandern, nicht aussteigen, nichts anfassen. Eigentlich durften wir gar nichts machen ausser mit dem Auto durch den Park fahren. Das hat sich immerhin gelohnt, der Ausblick auf die blauen Seen unter strahlender Sonne mit Blick auf Gletscher war durchaus reizvoll.

Morgen geht es dann wieder zurück nach Chile – mal schauen, ob sie uns wieder reinlassen.

Chaitén

In den letzten 3 Tagen hat sich unser Auto bewähren müssen. Sintflutartige Regenfälle und löchrige Schotterpisten machten unsere Fahrt von Puerto Montt nach Chaitén ziemlich abenteuerlich.
Doch der Reihe nach. Nachdem wir den Beginn der Woche in einer lieblichen Ecke der Chiloé-Insel verbrachten, sind wir gestern von Puerto Montt auf der Carretera Austral südwärts gestartet. Die Carretera ist quasi das chilenische Pendant zur Panamericana – eine 1350 Kilometer lange Nord-Süd-Verbindung, deren Bau unter Dem Diktator Pinochet gestartet wurde. Ein Riesenprojekt, für welches Tausende von Strafgefangenen schuften mussten. Nicht die ganze Strecke kann dabei im Auto zurückgelegt werden. In den zahlreichen Fjorden müssen Fähren die Autos übernehmen. So gibt es auch zwischen Puerto Montt und Chaitén, unserem Ziel, zwei Fährstrecken.
Die erste Etappe am Mittwoch verlief planmässig bei heiterem Sonnenschein. Gestern dann der Wetterwechsel: es goss aus Kübeln. Wir fuhren in Hualaihué auf die Fähre und verzogen uns an die Wärme im Salon. Von der Fahrt haben wir hinter den beschlagenen Scheiben kaum was mitbekommen. Nach rund 3 Stunden wurden wir wieder an Land gelassen. Von da an ging’s auf einer durchlöcherten Schotterpiste durch den chilenischen Urwald. Schön in der Kolonne, denn natürlich musste da die ganze Fährladung den gleichen Weg nehmen.
Nach rund 10 Kilometern stand der ganze Tross dann wieder am Wasser. Eine weitere – etwas kleinere Fähre stand bereit und wurde beladen. Auto um Auto, bis noch etwa 10 Wagen dastanden – inklusive unserem. Die Fähre tutete 3 Mal – und weg war sie.
So standen wir also da, im strömendem Regen, und warteten. Nach rund einer Stunde kam dann auch tatsächlich eine zweite Fähre und sammelte uns noch ein. Inzwischen war es Abend, wir hatten langsam Hunger. Im Auto wurde es langsam frisch und es hörte nicht auf zu regnen. Eine weitere Stunde später fuhren wir wieder an Land und begaben uns erneut auf die Schotterpiste. Das nächste Dorf – unser Ziel Chaitén – lag noch rund 60 km entfernt.
Hab ich schon erwähnt, dass es regnete? Links und rechts und auf der Schotterpiste muntere Bächlein, auf der Piste viele gefüllte Schlaglöcher. Und von oben stetiger Regen und langsam auch Dunkelheit. Die Piste führte weiter durch den Urwald hindurch, an Vulkanen vorbei, von denen wir wieder mal absolut nichts mitbekommen haben. Ein Teilstück führte durch jene Schneise, die 2009 bei einem Kurzen Hustenanfall des Vulkans Chaitén entstand – im Scheinwerferlicht und durch den Regen ein groteskes Bild.
Um 22 Uhr trafen wir dann wohlbehalten in Chaitén ein, erwischten mit Glück noch eine Unterkunft und belohnten uns mit einem guten Essen. Und wir dankten unserem Auto, das uns letztlich sehr komfortabel durch diesen Tag getragen hatte.
Heute dann ein etwas freundlicherer Tag. Die Sonne vertrieb die Wolken und wir nutzten die Gelegenheit, um nochmals ein paar Kilometer zurückzufahren und uns die Gegend bei Tageslicht anzuschauen. Beeindruckend, welche Schneise der Vulkanausbruch vor 5 Jahren hinterlassen hat. Wohlgemerkt „nur“ durch Ascheregen und Erdbeben, verbunden mit Erdrutschen. Lava kam keine raus. Die toten, weissen Bäume stehen noch da und werden nun von der kräftigen grünen Urwaldvegetation wieder überwachsen. Der See sieht bei Sonnenschein wunderbar friedlich aus und der Vulkan pufft und dampft über uns harmlos vor sich hin. Kurzum: ein Tag, der uns wieder milde stimmte :-)

Mobiler Untersatz

Die nächsten Wochen sind wir mit dem Auto unterwegs. Und zwar mit einem Riesendings. Und das kam so:
Wir haben etwas spät mit der Suche nach einem Auto begonnen. Im Dezember. Und weil hier in Patagonien grad Hochsaison ist, war schon alles ausgebucht. Zumindest in unserer Kategorie. Wir wollten ein normales Auto mit einem Kofferraum, in dem unsere Rucksäcke Platz haben. Wenn möglich eines, mit dem man nicht bei jedem Schlagloch den Boden küsst. Wie gesagt: keine Chance in Bariloche.
Da kam Paola die Idee: Fragen wir doch in Chile an. Gesagt getan, kein Problem. Hier in Puerto Montt hatte es noch einige Modelle. Rund halb so teuer wie in Argentinien. Dafür doppelt so gross.
So kam es, dass wir jetzt kein normales Auto fahren, sondern einen Toyota 4 Runner 4×4 mit soviel Platz, dass wir darin ein zelt aufbauen könnten. Jenusode. Damit kommen wir sicher überall hin. Und die Vormieter haben wir bei der Übergabe gleich auch noch getroffen: die haben ein neues Reserverad samt Werkzeug gekauft. Da sind wir also auf der sicheren Seite.

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft

In den letzten 2 Tagen haben wir ein paar Kilometer hinter uns gebracht. Nachdem wir das Wasser per Schiff ja schon ausgiebig erkundet hatten, flogen wir gestern Morgen von BA nach Bariloche.
Wieder mal hat sich bestätigt, dass Fliegen nicht die schönste Art des Reisens ist. Der Flug war dabei nicht das Problem, der war kurz und soweit ganz angenehm. Aber: Mitten in einem Wolkenbruch morgens um 5 aufstehen und zum Flughafen fahren ist schon mal ein schlechter Start in den Tag (ohne Kaffee, wohlgemerkt). Dann quer durch die Check-In-Halle mit Sack und Pack anstehen um schliesslich wie Schlachtvieh zum Schalter geschleust zu werden, ist schlichtweg entwürdigend (immer noch ohne Kaffee und nebendran gibts drei leere Schalter für die vereinzelten 1. Klass-Kunden). Dann durch den Safety-Check, wenigstens dürfen wir die Schuhe anbehalten (Inlandflug, warum auch immer die Safety da weniger stark ist). Schliesslich erfahren wir, dass wir wegen Verspätung noch einige Zeit in den unbequemen Flughafenstühlen auf den Einstieg warten müssen (jetzt wenigstens mit Kaffee).
Item: einmal drin gehts dann ruckzuck und wir steigen in Bariloche bei herrlichem Sonnenschein und starkem Wind aus. Vom Flughafen gehts hurtig mit dem Taxi auf der Überholspur zum Busbahnhof. Wir beginnen unsere Patagonienreise im chilenischen Teil und darum müssen wir Argentinien zunächst nochmals verlassen.
Mit dem Bus fahren wir westwärts. Da wir ziemlich müde sind, verpennen wir den Grossteil der Fahrt. An der chilenischen Grenze wird prompt mein Rucksack von einem Drogenhund herausgeschnüffelt. Nicht wegen irgendwelcher komischen Substanzen, sondern wohl weil sich darin bis kurz vor der Grenze noch unser Znacht befunden hat.
Dann weiter über diverse Baustellen. Und weil das alles etwas länger dauert, gibts kurzfristig eine Übernachtung in Osorno. Heute morgen dann die letzte Busetappe zum Flughafen von Puerto Montt, wo wir unser Auto entgegennehmen (dazu morgen dann mehr). Von hier an haben wir nun Zeit, um die patagonische Landschaft zu geniessen.