Schiffsmotoren
Vorgestern hatten wir Gelegenheit, die unteren Teile des Schiffes zu erkunden – sprich, den Maschinenraum. Wir bekamen vom Technical Chief eine kurze Führung und haben Dutzende von Maschinen gesehen, von denen wir nicht bei der Hälfte verstanden haben, wofür sie genau da sind. Tatsächlich braucht es Unmengen an Technik, um das Schiff zu bewegen und das Leben an Bord zu ermöglichen. Da ist zum einen natürlich der eigentliche Schiffsmotor. Ein Riesending – geht über drei Stockwerke. Im Wesentlichen ist das ein überdimensionaler Automotor, inklusive zwei Turboladern. Einfach ein wenig grösser. Es gibt ein „kleines“ Ersatzteillager, da sieht man dann, wie gross die Zylinder in etwa sind. Mannshoch. Aus dem Motor heraus dreht sich dann unten die Welle – eine Stange von rund 40 cm Durchmesser. Das Schwungrad, welches der Drehung etwas Stabilität gibt, wiegt lockere 20 Tonnen. Halt alles ein wenig grösser.
Doch wie gesagt: das ist nicht die einzige Maschine da unten. Neben dem Hauptantrieb braucht das Schiff eben mal 4 zusätzliche Dieselmotoren. Die machen nix anderes als Strom. Viele der Container müssen mit Strom versorgt werden, einige hundert ja auch gekühlt. Das braucht Saft ohne Ende. Der Chief hat gemeint: im Hafen könnte man mit den 4 Hilfsmotoren locker ein ganzes Quartier mir Strom versorgen.
Aber auch damit hat man noch nicht alles gesehen. Es braucht noch Maschinen für die Wasseraufbereitung. Es braucht zwei grosse Presslufterzeuger, da die Maschinen mit Pressluft gestartet werden. Dann braucht es einen ganzen Maschinenpark von Pumpen, Schleudern, Heizungen, um das Schweröl so aufzubereiten, dass man damit die Maschinen befeuern kann. Und es braucht Maschinen, die die Kälte produzieren, um die Maschinen wieder zu kühlen.
Tja, und damit wären wir bei der Antwort auf die gestrige Frage: Wie viel Treibstoff verbraucht so ein Schiff pro Tag? Es sind sage und schreibe 100 Tonnen. Pro. Tag. Im Schnitt. Kann auch mehr sein, je nach Ladung, Wetter und Seegang. 100 Tonnen Schweröl werden pro Tag verfeuert. Rund 4000 Tonnen Treibstoff hat die Paranagua Express an Bord. Das ist unvorstellbar.
Und die schlechte Nachricht ist: das Zeugs wird einfach in die Luft geblasen. Keine Filter, keine Schadstofftrennung, nix. Schweröl ist – so wie ich das verstanden habe – die billigste Form von Treibstoff und die dreckigste. Da sind all die Schadstoffe noch drin. Es geht halt um das Geld. Verständlich bei diesen Mengen, die da gebraucht werden. Trotzdem unvorstellbar, was für Dreckschleudern da unterwegs sind.
Naja, es gibt ein wenig Licht am Horizont. Neuer Schiffe haben strengere Auflagen, alte Schiffe müssen hier in Europa für teures Geld mit Filtern ausgestattet werden. In Landnähe müssen die Schiffe zudem mit anderem Treibstoff fahren, der wesentlich weniger Schadstoffe hat – und ungefähr doppelt so teuer ist. Und gemessen an der Tonnage an Fracht ist die Ökobilanz dann auch wieder nicht so schlecht.
Aber man sollte sich die Sache vielleicht mal durch den Kopf gehen lassen, wenn man die nächste Fun-Kreuzfahrt bucht. Das Traumschiff fährt nämlich mit exakt demselben Treibstoff und alles was da transportiert wird sind Menschen, die jeden Luxus an Bord geniessen. Ich könnte mir vorstellen, dass auf so einem Kreuzfahrtschiff 4 Hilfsmotoren nicht genügen, um den benötigten Strom zu erzeugen…