Marinetraffic

Noch ein kleiner Tipp (danke Bruno und Hans-Pi): wer die Position unseres Schiffs verfolgen möchte, kann das tun unter www.marinetraffic.com (Schiffsnummer 9444728)

Alles Käse

Heute sind wir mit einem speziellen Auftrag unterwegs: wir sind in Le Havre und haben die Aufgabe, für die Offiziere Käse kaufen zu gehen. Wir haben zusammengelegt und werden uns die nächsten Abende mit Käsedegustationen vertreiben – eines der Rituale der Mannschaft an Bord. Die machen ja diese Route nicht zum ersten Mal. Neu ist die Tatsache, dass die Passagiere einkaufen gehen.
Natürlich machen wir das gerne. Wir kriegen noch den Azubi mit, der uns schleppen hilft. Für uns ist das eine nette Geste, denn es zeigt, dass die strammen Seeleute langsam etwas auftauen. Die ersten Begegnungen und gemeinsamen Mahlzeiten waren ja eher steif und wortkarg. So langsam kommt aber richtig Schwung in die Bude. Der erste Offizier ist für uns erste Anlaufstelle, wenn wir irgendein Bedürfnis haben. Der hilft uns, wo er kann. Der Kapitän ist ausgesprochen nett und plaudert inzwischen gerne aus dem Seemanns-Nähkästchen. Selbst der Chefmechaniker, der in einem allerersten Statement noch gesagt hat, dass er das, was wir hier machen, nun überhaupt nicht verstehen könne, kommt langsam in die Gänge. Als er hörte, dass wir den Käse holen, hat er uns spontan eine Führung durch den Maschinenraum angeboten. Die werden wir dankbar annehmen.
Allgemein sind die Leute wirklich ausgesprochen freundlich. Wir dürfen uns auch frei auf dem Schiff bewegen, solange wir nicht im Weg herumstehen. Auf Deck ging bisher nicht, da der Seegang zu heftig war. Sobald wir aber in ruhigeren Gewässern schippern, werden wir unsere Liegestühle im Bug vorne aufstellen können.
Uebrigens: es gibt weitere Rituale. Auf Deck wird es Barbeque geben, sobald die Nächste etwas lauer sind. Und bei den philipinischen Deckarbeitern ist es üblich, bei Gelegenheit ein Spanferkel zu grillen. Mahlzeit!

Containergeschichten

Am Montag sind wir in Hamburg aus dem Containerterminal Burchardkai losgefahren. Gestern Nacht haben wir im Containerhafen von Antwerpen angelegt.
Die Grösse und Betriebsamkeit dieser zwei Häfen ist unbeschreiblich. Über Quadratkilometer hinweg stapeln sich hier die genormten Schiffscontainer. Dazwischen kreuzen die sogenannten Portalhubwagen. Das sind spezielle Kranwagen, die über den Container fahren, ihn mit einem Greifer anheben, losfahren und ihn dann an der Quaimauer absetzen.
Am Quai selbst übernehmen dann die riesigen Containerbrücken. Das sind grosse Lastkräne, die auf Schienen stehen und so genau in die richtige Position manövriert werden können, um die Containerschächte auf den Schiffen zu beladen. Ein solcher Kran kann 30 bis 40 Tonnen anheben und ein guter Kranführer schafft rund 30 Umschlagvorgänge pro Stunde. Wir beobachten, dass das noch sehr viel schneller gehen kann, teilweise brauchen die gerade mal eine Minute, um einen Container von Land zu heben, im Schiff zu versenken und dann für den nächsten Container wieder in die Ausgangsposition zu fahren. Ein extrem stressiger Job, denn jede Minute Anlegezeit kostet die Reederei richtig viel Geld. Die Kranführer sind also aufgefordert, möglichst schnell, aber auch möglichst präzise zu arbeiten.
Die ganze Logistik der Container geschieht übrigens im Hafen. Hier wird festgelegt, welcher Container auf dem Schiff welchen Platz bekommt. Wäre schliesslich dumm, wenn die Container, die im nächsten Hafen wieder ausgeladen werden zuunterst stehen. Auf dem Schiff wird nur kontrolliert, dass das Gewicht über das Schiff hinweg gut ausbalanciert ist und dass die Befüllung ordentlich befestigt ist.
Unser Schiff fasst maximal 7700 Container und liegt damit so im mittleren Bereich der Schiffsgrössen. Nebenan liegt momentan ein Schiff der MAERSK, welches locker mal das Doppelte an Containern fassen kann.
Und wenn wir schon bei Zahlen sind. In der Hitparade der grössten Containerhäfen liegt Antwerpen an 15. Stelle, knapp hinter Hamburg. Der grösste Containerhafen Europas ist Rotterdam, aber auch der schafft es im weltweiten Vergleich nicht unter die TopTen. Hier liegen samt und sonders asiatische Häfen – wen wundert’s:

Hitparade nach Umschlagsvolumen
1. Shanghai (VR China)
2. Singapur (Republik Singapur)
3. Hongkong (VR China)
4. Shenzhen (VR China)
5. Busan (Südkorea)

Interessant übrigens, dass sich hier im Norden Europas drei so grosse Häfen nebeneinander etablieren konnten. Liegen doch Rotterdam und Antwerpen keine 100 km voneinander entfernt. Offensichtlich können aber alle 3 Häfen gut nebeneinander bestehen, liegen sie doch alle drei im Gebiet der höchsten Kaufkraft der Europäischen Union. Gerade das sichtbesiedelte Ruhrgebiet ist ein wichtiger Absatzmarkt.

Die erste Nacht…

… war ruhig. Naja, es windet ganz ordentlich und es hat eigentlich auch ganz hübsche Wellen. Aber unser Schiff hat ja eine recht stattliche Grösse, ist ziemlich gut beladen und so merkt man vom grossen Schwanken nicht allzuviel. Und doch: ganz so leichtfüssig bewegen wir uns nicht und man ist doch ab und zu froh, wenn man sich irgendwo festhalten kann.
A propos Wind: Unser „Balkon“ ist heute etwas ungemütlich. Vorausgesetzt, man kriegt die Türe gegen den Wind überhaupt auf, wird man da draussen dann doch von ordentlichen Böen durchgeschüttelt – das nimmt einem dann ab und zu grad den Atem, so heftig und unverhofft kommen sie.
Das Leben an Bord ist – wie vermutet – sehr ruhig. Die Mannschaft ist extrem nett, vom Kapitän bis zum Azubi sind alle sehr freundlich. Aber auch sehr wortkarg. Man merkt halt, dass die Leute, die zur See fahren, von Haus aus nicht unbedingt zu den Selbstdarstellern gehören. Die Konversation bei Essen ist eher stockend, ab und zu kommt was nautisches, was wir dann wieder nicht verstehen, aber ganz interessant tönt. Aber wie gesagt, wir fühlen uns sehr freundlich aufgenommen und wohl. Ansonsten haben wir unseren ersten Tag an Bord mit viel Schlaf und viel Lesen verbracht.
Heute Abend um 22 Uhr laufen wir in Antwerpen ein. Ein Besuch in der Stadt liegt wohl leider nicht drin, da wir morgen um 14 Uhr dann bereits wieder auslaufen. Aber dafür sehen wir morgen dann ein bisschen Land bei Tageslicht, das ist auch ganz gut. Heute war es doch eher offenes Meer und Wolken :-)

An Bord

Nun ist es also soweit. Nachdem die Paranagua Express gestern Nachmittag ihren Liegeplatz in Hamburg bezogen hat, blieb während den letzten 24 Stunden Zeit, um x Container von Bord und an Bord zu hieven. Hier am Containerhafen ist 3-Schichtbetrieb, das Laden der Container läuft hier rund um die Uhr.
Heute um 15 Uhr war dann unser grosser Moment. Mit dem Taxi fuhren wir über die grosse Hängebrücke mitten in das Hafengebiet und meldeten uns am Empfang – ein kleiner Container mit zwei fidelen Hamburgern drinnen. Nach dem Ausfüllen einiger Papiere dann der erste Schreck – auf der Passagierliste waren unsere Namen nicht vermerkt. Der Schreck dauerte aber Gott sei Dank nur kurz, nach Konsultation einiger Dutzend anderer Listen tauchten wir dann auch tatsächlich auf. Der Weg war frei, der Shuttle-Bus brachte uns direkt vor unser Schiff.
Schon auf der Fahrt zum Schiff fiel uns grad mehrmals der Kiefer runter: die Dimensionen dieses Containerhafens sind schlichtweg gigantisch. Das Gewusel ist gross, die merkwürdigsten Fahrzeuge kreuzen hier umher und dann sind diese Containerkräne aus der Nähe unbeschreiblich riesig – ganz zu schweigen von den Schiffen, die vor den Kränen vertäut liegen.
Unser Schiff, die Paranagua Express lag nun also vor uns, zwei Crew-Mitglieder nahmen uns freundlich in Empfang, halfen uns beim Gepäck und wir wurden begrüsst mit Kaffee und gefüllten Berlinern. Eine erste Schiffsführung zeiget uns die wichtigsten Einrichtungen und Orte – mehr folgt dann morgen in aller Ruhe.
Unsere Kabine – die Eigner-Kabine – liegt direkt unter der Brücke. Höher hinauf geht also quasi gar nicht. Ein geräumiges Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein erstaunlich komfortables Badezimmer mit WC und Dusche. Und das Beste: direkt neben der Kabine der Ausgang zu unserem Balkon. Wie gesagt: direkt unter der Brücke. Wir können rundherum spazieren und auf die Hunderten von Containern herunterblicken. Dazu der Blick auf den Containerhafen – Wahnsinn.
Mehr dazu in den nächsten Tagen, wir müssen erst mal die ersten Eindrücke verdauen. A propos verdauen: Das erste Abendessen hatten wir auch schon, pünktlich um halb 6 in der Offiziers-Messe. Captain’s Dinner ;-)
Um 21.30 Uhr laufen wir dann aus und damit beginnt unsere grosse Fahrt. Zunächst geht es über die Elbe und an Europas Nordküste entlang nach Antwerpen, unserem ersten Hafen. Da werden wir ab und zu auch Handy-Empfang haben, also kann ich in den nächsten Tagen ganz entspannt über das Leben an Bord berichten. Soviel sei gesagt: der erste Eindruck ist schon mal überwältigend!