Blog-Chronologie

Bei den Reiseberichten handelt es sich um die Zusammenfassung aller Blog-Beiträge, die während der Reise entstanden. Zuoberst erscheint der jüngste Beitrag. Wer also die Reise von Beginn weg nacherleben möchte, der muss am Ende der Seite mit dem Lesen beginnen.

BA hat uns wieder

Seit gestern sind wir für einen kurzen Zwischenstopp in Buenos Aires. Dieses Mal haben wir kaum Zeit für ausgiebige Stadtbesichtigungen. Wir sind nur für 3 Tage zu Besuch, am Sonntag geht es dann weiter Richtung Bariloche.

Wir logieren bei unseren Freunden Marion und Fabian, die ein kleines Tango-Hotel führen (wer mal in BA ein hübsches Hotel sucht: www.apassionata-tango.com). Wir nutzen die Zeit mit Schwatzen, Einkaufen, Essen und Schlafen. Zur Zeit haben wir gute 30°C hier und am Nachmittag tut man gut daran, etwas Siesta zu machen.

Trotzdem: für ein paar Stadtspaziergänge reicht es. Und da zeigt sich wieder mal das wahre Buenos Aires: Mit einem Auge muss man immer nach oben gucken, damit man nicht von tropfenden Klimaanlagen belästigt wird. Das zweite Auge ist dagegen konzentriert zu Boden gerichtet, denn es gilt, mit grossem Geschick den Hundehaufen auszuweichen. Haufen, die sich übrigens bei diesem Wetter auch mit dem unverwechselbaren Odeur bemerkbar machen. BA müffelt halt einfach ein wenig, das gehört zur Stadt und passt eigentlich ganz gut zur Patina der Häuser und Strassen. Diese bekommt man mit, wenn man ab und zu die Augen auch mal nach vorne oder nach hinten richtet.

Seit heute sind wir stolze Mitglieder des ACA – dem Automobilclub Argentiniens. Quasi der hiesige TCS. Wir sind in den nächsten Wochen ziemlich in der Pampa unterwegs und sind wohl froh, wenn wir eine Telefonnummer haben, an die wir uns vertrauensvoll wenden können, wenn was mit dem Auto nicht stimmt. Zumal wir zwei von vielem was verstehen, aber von Autos definitiv nichts.

Morgen kommt dann noch die grosse Aufgabe auf uns zu, für unsere iPhones SIM-Karten zu besorgen. An und für sich überhaupt kein Problem. Im Detail dann aber doch eine grosse Herausforderung, denn wir brauchen die ganz kleinen SIM-Karten und die sind arg dünn gesät. Mal schauen, ob Sie uns in der Firmenzentrale des einen Telekommunikationsunternehmens weiterhelfen können.

Wenn wir in BA sind und im Apassionata wohnen, dann gehört ein Besuch bei Pinuccio dazu. Das ist ein phänomenales italienisches Restaurant mit einem unglaublich leckeren Vorspeisenbuffet. Hat auch heute wieder absolut göttlich gemundet und wird morgen abend wahrscheinlich nochmals von uns angelaufen. Fleisch können wir ja auch in den nächsten Wochen noch genug essen…

Der letzte Tag

Auf See zumindest. Heute morgen sind wir in die Rio de la Plata Mündung eingebogen. Vor langer langer Zeit hat das schon mal ein Schiff gemacht. Der Kapitän glaubte, er habe endlich eine Passage gefunden, um von Europa her nach Asien zu gelangen. Er staunte zwar, dass das Meerwasser nicht so arg salzig war, aber es dauerte einige Tage, bis Magellan – so hiess der Kapitän – begriff, dass es sich nur um eine Bucht, um eine Flussmündung handelte. Magellan sollte auf seiner Reise noch viele solcher Buchten erkunden, bis er dann endlich ganz im Süden unten die Passage fand – die Magellanstrasse. Wir kommen auch noch dahin.
Für den Moment durchqueren wir nun also die Mündung des Rio Plata Delta. Da es sich eben eigentlich um ein Flussdelta mit Süsswasser handelt, nennt man die Bucht auch „Mar Dulce“ – süsses Meer.
Das Wasser hier ist nicht nur süss, sondern auch trüb. Im Wasser schwimmt der ganze Sand mit, den der Rio Paraná auf seinen 3700 Kilometern Weg durch Südamerika mitschwemnt. Das Delta ist nicht sehr tief und total verschlammt. Deshalb muss unser Kapitän ordentlich aufpassen, dass er immer schön in der rund 200m breiten Fahrrinne bleibt. Sonst bleibt unser Dampfer stecken.
Heute morgen sind wir bei Montevideo also eingebogen und heute abend werden wir ganz hinten im Delta in Buenos Aires anlegen. Am Ziel unserer Schiffsreise. Noch einmal werden wir in der Kajüte übernachten und dann morgen von Bord gehen.
Es ist schön, nach so vielen Erlebnissen und Eindrücken an Bord anzukommen – und zu wissen, dass uns noch ganz viel mehr erwartet!

… und jetzt sind wir da

Das Warten hatte heute um 18.30 Uhr Ortszeit ein Ende. Die Maschine wurde angeschmissen und wir sind losgetuckert.
Paranagua empfängt uns beim Eindunkeln. Die Einfahrt führte uns an einigen Badestränden und an einem Sonnenuntergang vorbei. In der Bucht liegen diverse Schiffe vor Anker, die ebenfalls auf Einfahrt warten. In der Fahrrinne kreuzten wir einen MAERSK-Riesen, der sich gerade auf den Weg machte. Spektakulär, wenn sich zwei solche Dampfer auf Augenhöhe begegnen.
Nun werden wir gerade von zwei Schleppern empfangen, die uns wohl um 180 Grad drehen, damit wir morgen Bug voran wieder losfahren können. Dann legen wir an und die Löscharbeiten nehmen ihren Lauf, während wir in unseren Kojen friedlich schlummern.

Sie lagen vor Paranagua

Vorgstern sind wir von Santos nach Paranagua gefahren, unser dritter Hafen in Brasilien und unser letzter vor Buenos Aires – dem Ziel unserer Schiffsreise.
Paranagua ist ein recht stattlicher Hafen. Und doch: seine Kapazität ist begrenzt. Und so hat es denn geheissen: Sorry, ihr dürft noch nicht rein. Kein Anlegeplatz frei. Besetzt.
Nun, was macht man, wenn die Garage voll ist? Man parkiert sein Auto irgendwo in der blauen Zone und wartet, bis ein Platz frei wird. Genauso macht man es auch im Schiffsverkehr. Vor jedem grösseren Hafen gibt es definierte Ankerplätze, wo man sein Gefährt abstellen kann. Und so liegen wir nun seit 48 Stunden vor der Küste vor Anker – zusammen mit rund 80 anderen Schiffen. Quasi in der blauen Zone. Mit dem Unterschied, dass die Parkplätze hier nicht angezeichnet sind. Man ankert sein Schiff da, wo es gerade Platz hat.
Für die Mannschaft waren diese 48 Stunden eine kleine Ruhepause vom Dienst. Natürlich gibt es weiterhin viel zu tun auf dem Schiff, aber da man stillsteht, kann man die Schichten auf Brücke, Deck und im Maschinenraum etwas reduzieren. Der Schiffsmotor ist abgestellt, die vier Hilfsdiesel müssen aber natürlich weiter Strom produzieren, schliesslich brauchen die Kühlcontainer weiter ihren Saft.
So bleibt den Leuten hier aber genug Zeit, um zu schlafen, zu Lesen, DVDs zu schauen. Hinten am Heck wird Basketball gespielt. Der eine oder andere wirft die Angelrute aus und peppt den Menüplan mit etwas Selbstgefangenem auf.
Wir liegen im Liegestuhl, geniessen die Aussicht, lassen uns vom ständig wehenden Wind durchzausen, hören Musik, schauen TV. Was man halt so macht, wenn man auf einem Parkplatz steht…

Sepetiba und Santos

Nach der langen Zeit auf See müssen wir uns wieder etwas an die Bedingungen in den Häfen gewöhnen.
Wenn wir in einen neuen Hafen einfahren, ist unsere Bewegungsfreiheit auf dem Schiff etwas eingeschränkt. Der Kapitän möchte logischerweise seine Ruhe auf der Brücke, die müssen sich schliesslich konzentrieren da oben. Auf dem Deck dürfen wir uns auch nicht rumtreiben, denn da werden die Vorbereitungen für das Anlegemanöver getroffen; Seile hinausholen und bereitlegen, Anker parat machen, etc. Die Mannschaft ist zudem sehr beschäftigt, schliesslich gilt es auch, alles für den Ladungsaustausch vorzubereiten.
Bleibt uns also nur unsere Kabine und unser „Balkon“. Das ist keinesfalls schlecht. Die Kabine ist in der brasilianischen Hitze angenehm kühl. Und der Balkon ist als Beobachtungspunkt auch nicht so schlecht – liegt er doch nur einen Stock tiefer als die Brücke. Von hier oben können wir den Schleppern zuschauen, wie sie unser Schiff zum Anlegeplatz ziehen und stossen. Die Schlepper sind kräftige und sehr wendige kleinere Boote. Mit einem Seil wird Verbindung zu unserem Schiff aufgebaut und dann werden wir punktgenau an die Quaimauer bugsiert.
Normalerweise braucht es zwei oder drei Schlepper für ein Schiff unserer Grösse. Und es ist schon faszinierend, dass diese paar kleinen Schiffchen unseren grossen Dampfer so locker herumschubsen. Die drehen uns auch kurz mal komplett um im Hafenbecken, damit wir nach dem Laden wieder Bug voraus auslaufen können.
Das Ent- und Beladen läuft dann wie immer. Grosse Containerkräne holen die Container vom Schiff und laden sie an Land ab. Hier in Sepetiba (bei Rio) und in Santos (bei Sao Paolo) sind die Containerhafen nicht ganz so modern eingerichtet, wie wir das in Europa gesehen haben. Die Containerkräne sehen relativ rustikal aus im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen. Unten an Land verkehren auch nicht so schicke Containerlader, sonder ältere Diesel-Lastwagen. Die stinken und russen ganz schön. Die Container werden auf den Lastwagen abgesetzt, dieser fährt dann ins Containerlager, wo kleinere Kranwagen die Ladung dann abstellen. Aber: auch das funktioniert schnell und irgendwie koordiniert. So werden wir in ein paar Stunden auch hier bereits wieder ablegen können.

Vor Brasilien

Wir haben es fast geschafft. In diesem Moment dreht die Paranagua Express westwärts, umfährt das Cabo Frio und morgen werden wir in Rio anlegen. Wir stehen etwas früher auf, um vielleicht noch einen Blick auf den Zuckerhut zu erhaschen. Wir werden nämlich an Rio vorbeidampfen, der Hafen befindet sich westwärts hinter Rio. Um 9 Uhr sollten wir ankommen.
Rund eineinhalb Wochen waren wir jetzt auf dem Atlantik. Rundum nichts als Wasser. Wir sind langsam vom tristen, winterlichen Norden in tropische Gewässer vorgedrungen, sind über den Äquator gedampft und gut im Südsommer angekommen. Dabei haben wir immer 2000 bis 3000 Meter Wasser unter uns gehabt. Der Atlantikboden ist aber gerade vor Südamerika recht unregelmässig und so gab es auch eine Stelle, wo wir gerade mal noch 45 Meter Wasser unter dem Kiel hatten. 45 Meter nach unten, tausende von Metern vom Festland entfernt.
Die letzten Stunden haben wir den Offshore-Bereich von Brasilien durchfahren, wo eifrig Öl abgebaut wird. Wir sind an stählernen Kolossen von Bohrtürmen vorbeigezogen und haben manchen Tanker erblickt – natürlich immer alles aus relativ grossem Sicherheitsabstand.
Auf der Fahrt waren wir auf uns allein gestellt. Hatte es im Ärmelkanal noch Dutzende von Schiffen um uns herum, haben wir auf dem Atlantik selbst nur noch ganz wenige Schiffe angetroffen. Man bekommt auf dem Wasser ein Gefühl von Freiheit, von Unberührtheit. Aber auch etwas Angst, denn wenn was passiert, dann hilft da so schnell niemand. Und auch etwas Einsamkeit – das haben wir auch der Mannschaft angemerkt. Die Gespräch wurden (noch) karger, am Abend haben sich (fast) alle auf ihre Kammern zurückgezogen. Ausnahme: In der Offiziersmesse gibt es eine Bar und da haben sich abends immer der Kapitän, der erste Offi und der 2. Mechaniker getroffen. Wir haben uns ab und zu dazu gesellt. Wir haben dabei viele Geschichten gehört, fanden es aber auch einfach spannend, wenn die drei ihren Tag an Bord Revue passieren liessen.
Oft kam dabei auch die Sehnsucht nach zuhause, nach der Familie, der Frau, den Kindern hervor. Gleichzeitig aber auch die Freude darüber, hier auf See zu sein. Da liess sich oft eine Zerrissenheit spüren. Viele Seeleute ertränken ihre Gefühle im Alkohol – schon immer ein grosses Problem in der Seefahrt. Auch das Rauchen bringt bei Seeleuten typische Folgen mit sich. Dazu natürlich das Risiko, sich auf Deck oder im Maschinenraum zu verletzen. Verbrennungen, Stürze oder Schläge durch herabfallende Teile gehören zu typischen Krankheitsbildern. Oft auch Treppenstürze – die engen und steilen Metalltreppen sind gefährlich, wenn sie nass und glitschig sind. In den letzten Jahren hat sich ein weiteres Krankheitsbild zu den genannten hinzugefügt: Hautkrebs. Die Strahlenbelastung durch die Sonne und die starke Reflexion auf dem Wasser fordern Tribut. Nicht ganz ungefährlich auch die Bordelektronik – über den Köpfen der Offiziere auf der Brücke dreht beständig ein hochenergetisches Radar. Die Strahlenbelastung ist hoch.
Insgesamt also ein hartes Business, die Seefahrt. Von der Romantik bleibt da wenig übrig. Und doch: die vielen – oft sehr lustigen – Geschichten, die wir an der Bar hören, machen aus der Seefahrt doch eine einzigartige, spannende und unterhaltsame Sache.

Bordunterhaltung

Viele Menschen machen ja eine Kreuzfahrt, um auf See eigentlich genau das gleiche Angebot zu haben wie an Land. Kino, Fitnessraum, Shows, Casino und natürlich 5x täglich Buffet all inclusive. Der Clou dabei ist aber: in der Nacht fährt man immer ein Stück und am nächsten Tag ist man nach dem Morgenbuffet bereits wieder an einem anderen Ort.
Unsere Kreuzfahrt ist in all diesen Dingen gleich – und doch völlig anders. Auch wir sind jeden morgen an einem anderen Ort. Freilich merken wir davon nichts, weil all unsere Orte momentan gleich aussehen. Wasser, Wasser, Wasser. Sieht immer gleich aus – und doch immer wieder anders. Und genau da liegt die Faszination. Mal ist das Wasser köngisblau, mal schimmert es grün. Mal ist es ruhig, mal kräuseln sich die Wellen. Der
Himmel spiegelt sich in immer anderen Farben. Mal hat es Wolken, mal wieder nicht. Die Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge. Der Sternenhimmel, der Vollmond. Das bekommen wir hautnah mit. Und zwar von jedem Ort auf dem Schiff aus. Von der Brücke, vom Bug, übers Heck gebäugt oder einfach nur auf unserem Balkon im 7. Stock.
Ab und zu gibts ja dann aber doch einen Hafen und da können wir dann auch einen Landausflug buchen. Wir zwängen uns dann nicht mit 2000 anderen Gästen in die Busse, sondern höchstens mit ein paar Matrosen in den Volvo des Seemanns-Pastors. Und dann erkunden wir den Ort auf unsere eigene Faust.
Kino? Geschenkt. Denn wenn es uns neben dem ständigen Naturfilm, der vor unserer Kabine abläuft doch mal nach einem Film gelüstet, dann haben wir die volle Auswahl auf unserem DVD-Player.
Fitnessraum? Brauchen wir nicht, hätten wir aber. Ein Laufband, ein Crosstrainer, diverse Hanteln, ein Swimmingpool und eine Sauna. Naja, das SPA-Ambiente fehlt etwas, aber zum Schwitzen würde es reichen. Brauchen wir aber eben nicht, denn wir können ja ums Schiff herum spazieren (immerhin ein halber Kilometer ganz herum). Und wir wohnen im 7. Stock und benutzen nie den Lift. Das genügt :-)
Shows? Haben wir, die Mannschaft gibt sich tagtäglich grösste Mühe, uns mit Seemannsgeschichten zu unterhalten. Gestern aben war Karaoke-Abend mit den Philippinos, da bleibt kein Auge trocken (zum Lachen, zum Heulen, oder manchmal auch echt ergreifend)
Casino? Paola spielt gerade mit den beiden Azubis und dem 3. Offi (das ist Slang für Offizier :-) Doppelkopf. Ich nicht, das ist wieder eines dieser Kartenspiele, die mich völlig überfordern. Wie Jassen halt.
Bleibt noch das Buffet. Das hab ich gestern ja schon beschrieben. Gute, solide Hausmannskost. Mit einigen Highlights: gestern beispielsweise gab es Barbeque auf dem E-Deck. Da steht man dann also am Grill und lässt den Blick über den Atlantik in den Sonnenuntergang schweifen. Wer hat das schon.
Ein weiteres kulinarisches Highlight bahnt sich an. Nachdem ich letzthin beim Abendessen bemerkte, dass es fast nie Pasta gibt und Paola irgendwie beim Thema „Tomatensauce“ hängenblieb, könnt ihr euch vorstellen, wer nächste Woche für die ganze Mannschaft Lasagne kocht? to be continued…

Blick in die Küche

Letzte Nacht haben wir den Äquator überquert. Hat ein bisschen gerumpelt, als wir drüber fuhren, aber sonst haben wir nicht viel gemerkt ;-) Sprechen wir doch mal über das wichtigste Thema bei einer Seefahrt: die Verpflegung. Die ist ja für den modernen Seefahrer nicht ganz unwichtig, denn gutes Essen hebt die Stimmung.
Auf unserer Fahrt haben wir einen philippinischen Koch, der sein Handwerk ganz gut beherrscht. Das Essen ist durchaus gut und auch durchaus abwechslungsreich. Es gibt sehr viel Fleisch – durchaus auch zum Zmorge. Aber es hat auch immer Salat, Früchte, eigentlich immer Gemüse. Insofern ist der Speiseplan ganz ausgewogen. Manchmal ist er ein wenig überraschend, zum Beispiel wenn Frühlingsrollen zusammen mit Ravioli aus der Dose gereicht werden. Bei den typisch deutschen Gerichten kommt der Koch manchmal etwas ins Schleudern, bei den asiatischen ist er hingegen top.
Natürlich gibts wie überall auf dem Schiff auch beim Essen einige Rituale. Sonntags gibts zum Beispiel immer Steak. Immer. Am Samstagmorgen gibts zum Frühstück Beef Tartare oder – wer das rohe Fleisch nicht mag – Frikadelle. Samstagmittag ist dann Suppentag. Freitag gibts natürlich Fisch. Donnerstags und sonntags gibts Dessert – meist Glacé. Am Sonntag, weil es Sonntag ist, am Donnerstag, weil es dann auf See auch eine Art Sonntag ist. Morgens kann man denn donnerstags und sonntags auch immer wählen, wie man sein Ei zubereitet möchte: gebraten, gekocht, als Pancake, als Omelette oder wie auch immer.
Was es immer hat: Brot, Käse, Wurst, zum Znacht auch immer diverse Frischkäse, Fleischpasteten, Heringssalat und ähnliches. Auf dem Tisch steht zudem immer eine ganze Armee von Döschen und Fläschchen mit Saucen, Gewürzen, Ketchup, Würze, und so weiter.
Gegessen wird dreimal täglich, ebenfalls ein fixes Ritual. Die Mannschaft in einem Raum, die Offiziere in einem anderen. Wir Passagiere haben die Ehre, immer am Tisch des Kapitäns zu sitzen. Jeden Tag also Captains Dinner. „Der Alte“ gibt die Sitzordung vor, die Offiziere und höheren Techniker haben am Tisch ihren festen Platz, je nach Rang.
Die Hamburg Süd gehört übrigens Dr. Oetker. Das ist jener mit dem Backpulver und den Fertigmischungen. Der hat sich als Hobby irgendwan mal eine Flotte von Frachtschiffen zugelegt. Hat auch noch ein paar andere Hobbies, wie man hört. Wir wissen aber somit relativ genau, woher die Puddings kommen, die immer am Samstag gereicht werden…

Containerfracht

Wir haben wieder einige Dinge über unser Schiff gelernt. Einige (beeindruckende) Zahlen gefällig? Ohne jegliche Fracht wiegt unser Dampfer flotte 29600 Tonnen. Wenn man es voll beladen würde, käme man auf maximal 123000 Tonnen. Da kann man also einiges an Fracht aufladen. Wobei zur Fracht dann eben auch noch Treibstoff im Wert von rund 2 Mio Dollar hinzukommt, der macht auch noch ein paar tausend Tonnen aus. In den Containern wird eigentlich fast alles transportiert, was sich irgendwie in einen solchen Container packen lässt. Die normalen Trockencontainer enthalten Stoffe, Elektronik, haltbare Lebensmittel, Industrieteile, Autos und so weiter. Kostenmässig sind diese Container am günstigsten zu transportieren, da sie an Bord keine spezielle Aufmerksamkeit brauchen. Etwas teurer sind Flüssigcontainer, bzw. -tanks. Nicht, weil sie mehr Aufmerksamkeit brauchen, sondern ganz einfach deshalb, weil da oft gefährliche Stoffe drin sind. Säuren, entbrennbare Flüssigkeiten, Gase…
Richtig teuer im Transport sind Kühlcontainer. Die Hamburg Süd – unsere Reederei – hat sich auf ebendiese Kühlcontainer spezialisiert. Unser Schiff kann bis zu 1600 solcher Container aufnehmen. Die Kühlcontainer sind deshalb aufwendig im Transport, weil sie eben massig Strom verbrauchen und entsprechend auch verkabelt werden müssen. Dazu produzieren sie Unmengen an Wärme. Da müssen die Schiffe speziell konstruiert sein, damit es im Laderaum keinen Hitzestau gibt. Mit Kühlcontainern verdient die Reederei gutes Geld. Noch besser lässt sich aber mit Gefahrengut verdienen. Da werden teils recht heikle Stoffe transportiert, oft auch radioaktive Stoffe. Statistisch eignet sich das Schiff offenbar dafür, denn es geschehen da grundsätzlich wenig Unfälle. Aber eben: die Reederei lässt sich das Risiko gut bezahlen.
Und dann gibt es noch einige Transportperlen: Zum Beispiel der Transport von seltenen Erzen. Da ist dann ganz einfach das Transportgut dermassen teuer, dass man auch den Transport berappen muss. Der Kapitän hat uns erzählt, dass er mal drei Containern mit seltenem Kobalt an Bord hatte. Mit diesen drei Containern war die ganze Fahrt bereits bezahlt. Die restlichen siebentausend Container waren reiner Gewinn für die Reederei. Ein gutes Geschäft, vor allem, solange der Treibstoff billig war. Inzwischen kostet eine Tonne Schweröl um die 600 Dollar, da muss das Schiff gut gefüllt sein, damit es sich lohnt. Unser Schiff ist momentan halb leer – schwierige Zeiten für die Reederei.
Auf dem Schiff haben die Container ihre festen Plätze. Die
Gefahrengutcontainer müssen vorne am Bug gelagert sein, da gibt es spezielle Sicherheitsinfrastruktur auf dem Schiff. Löschsysteme, Sicherheitstanks, die austretende Flüssigkeiten auffangen etc. Die Kühlcontainer müssen auch an speziellen Orten stehen, da sie elektrische Anschlüsse brauchen. Der Rest wird auf dem Schiff so verteilt, dass es möglichst gut im Wasser liegt.
Problematisch ist für die Reederei übrigens, dass es auf den meisten Fahrten auch immer wieder Container gibt, die falsch deklariert werden. Da weiss man dann nicht so genau, was drin ist. Das ist einerseits gefährlich, wenn was passiert. Und andererseits ist es vom Gewicht her problematisch, da solche Container dann oft schwerer sind als gemeldet. Es hat schon Fälle gegeben, wo Schiffe wieder entladen werden mussten, weil sich da an einer bestimmten Stelle ungewöhnlich viel Gewicht konzentriert hat und das Schiff nicht mehr stabil im Wasser lag. Alles nur deshalb, weil ein Schwung Container von einem Transporteur fast doppelt so schwer war wie deklariert. Kommt sowas raus, wirds dann für den Transporteur richtig, richtig teuer!

Breitengrade

Eine der ganz grossen Fragen, die wir uns vor der Reise stellten war: Wie bekommen wir auf der Fahrt den Wechsel des Klimas und der geografischen Breiten mit?
Wir fahren ja seit Le Havre ziemlich genau gen Süd-Südwesten. Wir sind an Madeira vorbeigezogen und jetzt befinden wir uns gerade auf Höhe der Kapverden. Da merkt man nun tatsächlich täglich, dass sich was ändert. Klimatisch wird es nach und nach tropisch. In Europas Norden war es ziemlich stürmisch, kalt und grau. Muss diesen Januar ziemlich krass gewesen sein – in Le Havre hatten Sie seit Beginn des Jahres fast jeden Tag Sturmwarnung. In der Biskaya war es dann wohl trocken, aber immer noch recht grau. Das Meer war zudem ziemlich aufgewühlt, weil da im Norden ein Tiefdruckgebiet hockte. Nun kommen wir langsam in tropische Bereiche. Es ist warm, das Meer ist ruhig, aber es ist feucht und sehr dunstig. Den Temperaturanstieg in der Luft hat man täglich zu spüren bekommen. Die Klimaanlage kühlt inzwischen, in Hamburg hat sie noch gut geheizt. Auch die Wassertemperatur steigt. Gestern konnte erstmals der Swimmingpool in Betrieb genommen werden, das reingepumpte Meerwasser hatte gute 20°. In Hamburg wär das mit rund 5° ein eher frisches Badevergnügen gewesen. In den nächsten Tagen wir es noch wärmer, sowohl in der Luft wie auch im Wasser. Und sobald wir über den Äquator gerumpelt sind, geht’s dann wieder ein wenig rückwärts.
Nachts lässt sich auch der Sternenhimmel verfolgen. Naja, bis vor ein paar Tagen war da noch nix zu sehen ausser grauen Wolken. Die letzten 3 Nächte waren aber so klar, dass man auf der Brücke sein privates Planetarium starten konnte. Zum einen hat man einen ersten Offizier, der recht gut Bescheid weiss, zum anderen kommt jetzt endlich auch mal diese iPhone-App zum Einsatz, die ich seit Jahren mit mir mittrage. Da erfährt man viel über den Sternenhimmel und kann gut nachvollziehen, wie sich die Position der Sterne ändert. Momentan steuern wir auf Vollmond zu, auch das ein Erlebnis auf hoher See.
Insofern: ja, wir spüren den Breitenwechsel täglich. Es ist eine schöne Art zu reisen. Es ist genau diese Langsamkeit und dieses Miterleben, welches im vollklimatisierten, druckausgeglichenen Flugzeug völlig Flöten geht.

Schiffsmotoren

Vorgestern hatten wir Gelegenheit, die unteren Teile des Schiffes zu erkunden – sprich, den Maschinenraum. Wir bekamen vom Technical Chief eine kurze Führung und haben Dutzende von Maschinen gesehen, von denen wir nicht bei der Hälfte verstanden haben, wofür sie genau da sind. Tatsächlich braucht es Unmengen an Technik, um das Schiff zu bewegen und das Leben an Bord zu ermöglichen. Da ist zum einen natürlich der eigentliche Schiffsmotor. Ein Riesending – geht über drei Stockwerke. Im Wesentlichen ist das ein überdimensionaler Automotor, inklusive zwei Turboladern. Einfach ein wenig grösser. Es gibt ein „kleines“ Ersatzteillager, da sieht man dann, wie gross die Zylinder in etwa sind. Mannshoch. Aus dem Motor heraus dreht sich dann unten die Welle – eine Stange von rund 40 cm Durchmesser. Das Schwungrad, welches der Drehung etwas Stabilität gibt, wiegt lockere 20 Tonnen. Halt alles ein wenig grösser.
Doch wie gesagt: das ist nicht die einzige Maschine da unten. Neben dem Hauptantrieb braucht das Schiff eben mal 4 zusätzliche Dieselmotoren. Die machen nix anderes als Strom. Viele der Container müssen mit Strom versorgt werden, einige hundert ja auch gekühlt. Das braucht Saft ohne Ende. Der Chief hat gemeint: im Hafen könnte man mit den 4 Hilfsmotoren locker ein ganzes Quartier mir Strom versorgen.
Aber auch damit hat man noch nicht alles gesehen. Es braucht noch Maschinen für die Wasseraufbereitung. Es braucht zwei grosse Presslufterzeuger, da die Maschinen mit Pressluft gestartet werden. Dann braucht es einen ganzen Maschinenpark von Pumpen, Schleudern, Heizungen, um das Schweröl so aufzubereiten, dass man damit die Maschinen befeuern kann. Und es braucht Maschinen, die die Kälte produzieren, um die Maschinen wieder zu kühlen.
Tja, und damit wären wir bei der Antwort auf die gestrige Frage: Wie viel Treibstoff verbraucht so ein Schiff pro Tag? Es sind sage und schreibe 100 Tonnen. Pro. Tag. Im Schnitt. Kann auch mehr sein, je nach Ladung, Wetter und Seegang. 100 Tonnen Schweröl werden pro Tag verfeuert. Rund 4000 Tonnen Treibstoff hat die Paranagua Express an Bord. Das ist unvorstellbar.
Und die schlechte Nachricht ist: das Zeugs wird einfach in die Luft geblasen. Keine Filter, keine Schadstofftrennung, nix. Schweröl ist – so wie ich das verstanden habe – die billigste Form von Treibstoff und die dreckigste. Da sind all die Schadstoffe noch drin. Es geht halt um das Geld. Verständlich bei diesen Mengen, die da gebraucht werden. Trotzdem unvorstellbar, was für Dreckschleudern da unterwegs sind.
Naja, es gibt ein wenig Licht am Horizont. Neuer Schiffe haben strengere Auflagen, alte Schiffe müssen hier in Europa für teures Geld mit Filtern ausgestattet werden. In Landnähe müssen die Schiffe zudem mit anderem Treibstoff fahren, der wesentlich weniger Schadstoffe hat – und ungefähr doppelt so teuer ist. Und gemessen an der Tonnage an Fracht ist die Ökobilanz dann auch wieder nicht so schlecht.
Aber man sollte sich die Sache vielleicht mal durch den Kopf gehen lassen, wenn man die nächste Fun-Kreuzfahrt bucht. Das Traumschiff fährt nämlich mit exakt demselben Treibstoff und alles was da transportiert wird sind Menschen, die jeden Luxus an Bord geniessen. Ich könnte mir vorstellen, dass auf so einem Kreuzfahrtschiff 4 Hilfsmotoren nicht genügen, um den benötigten Strom zu erzeugen…

Seemannsclub

Wir bekommen auf unserer Reise ziemlich hautnah Einblick in das Leben der Seemänner. Seefrauen hat es bei uns keine an Bord, aber bei der Hamburg Süd, unter der wir fahren, gibt es offenbar auch wenige Frauen, die den Beruf wählen.
Grob unterscheiden lässt sich die Mannschaft in Offiziere und Matrosen. Und diese jeweils wiederum in die Bereiche Nautik und Technik. Da wir mit den Offizieren essen, haben wir natürlich vor allem mit ihnen Kontakt. Die Mechaniker und Techniker kümmern sich um alles im Bauch des Schiffes. Also um den Motor, die Hilfsdiesel, die Wasseraufbereitung, die Heizung etc. Die Nautiker sind für alles zuständig, was oben auf dem Schiff passiert. Primär natürlich für das Steuern des Schiffes, dann gehört aber auch die Kontrolle der Ladung dazu, die ganze Schiffsadministration und die ganze Personaladministration.
Die Mechaniker arbeiten den Tag durch ganz normal ihre 8 Stunden. Abends und in der Nacht sind die Offiziere im Pikettdienst, müssen also raus, wenn mit der Maschine was nicht stimmt. Die Nautiker organisieren sich im Schichtbetrieb. Von den nautischen Offizieren (davon gibt es drei) hat jeder 2x pro Tag eine Vierstundenwache auf der Brücke.
Der Kapitän ist im normalen Seebetrieb überraschend wenig auf der Brücke – er hat halt die Gesamtverantwortung für das Schiff und arbeitet da, wo es ihn braucht – meist im Büro über irgendwelchem Schreibkram. Wenn das Schiff an – oder ablegt, dann sind alle auf den Beinen – da braucht es jede Hand. Und: dann ist Steuern natürlich Chefsache.
Solche Vierstundenwachen sind recht einsam. Wie überhaupt das Leben an Bord. Die Leute treffen sich zwar ab und zu zu einem Bier oder einem Kartenspiel und man sieht sich beim Essen. Sonst geht aber jeder seine eigenen Wege und jeder ist froh um sein Reich, seine Kabine. Die Filipinos sind etwas geselliger, die treffen sich ab und an auch im Mannschaftsraum. Die Leute sind wochenlang von ihren Familien weg und haben ausser Mail keine Möglichkeit, mit zuhause Kontakt aufrechtzuerhalten. Das schlaucht. Umso wichtiger sind dann die Zeiten in den Häfen. Da kommt normalerweise immer ein Pastor der Seemannsmission vorbei und spricht mit der Mannschaft. Ob man dann christlichen Glaubens ist oder nicht, spielt nicht so eine Rolle. Hauptsache, man hat jemanden, der einem zuhört und mit dem man reden kann.
In den grösseren Häfen gibt es nebst der Seemannsmission meist auch einen Seemannsclub. Das sind Räumlichkeiten irgendwo in der Stadt, wo die Seeleute etwas trinken können, wo aktuelle Zeitungen aufliegen, wo man spielen kann und vor allem: wo man günstig ins Internet kann. Und so herrscht denn in der Mission immer ordentlich Betrieb. Die meisten Leute skypen mit ihren Familien, jeder für sich mit seinem Laptop und Kopfhörern. Als Gast in einer Seemannsmission ist es einem fast ein wenig peinlich, denn Privatsphäre gibt es da wenig. Und doch sind diese Gespräche dann sehr intim, sehr privat. Meist sehr emotional. Leise-traurig oder auch fröhlich-laut. Ein berührendes Erlebnis, wenn man das miterlebt. Kein einfacher Beruf, denke ich.

And now to something completely different! Eine kleine Quizfrage: Was denkt ihr, wieviel Treibstoff braucht unsere Paranagua Express im Durchschnitt so pro Tag? Auflösung morgen…

Madeira

Wir fahren gerade an Madeira vorbei. Madeira – Portugal – Europa – Handyempfang ;-)

Biskaya

Wir sind inzwischen auf hoher See. Rundum nur noch Wasser. Mitten in der Biskaya. Der nächste Wegpunkt ist Finesterra, der westlichste Punkt Spaniens. Von dort geht’s dann weiter Richtung Süden bis etwa auf Höhe der kapverdischen Inseln und von da an halten wir dann gen Westen, Brasilien zu.
Gestern Nacht haben wir die Uhr eine Stunde zurückgestellt. Das entscheidet auf dem Schiff der Kapitän, wie das mit der Zeitumstellung genau geht. Die Umstellung hat den Vorteil, dass es morgen schon früher hell ist und damit die frühen Arbeiten an Deck sicherer sind. Jetzt, wo wir das Festland hinter uns gelassen haben, ist Seebetrieb angesagt. Alle Taue und sonstigen losen Gegenstände werden versorgt. Nun bleibt Zeit, das Schiff im Schuss zu halten. Ein bisschen Malen hier, ein wenig Schweissen da. Dann natürlich immer mal wieder die Ladung kontrollieren – die Kühlcontainer müssen beispielsweise täglich überprüft werden. Dann die eine oder andere Seeübung für die Mannschaft. Das ist in etwa das Programm der nächsten 12 Tage.
Hier in der Biskaya, wo der Golfstrom auf Land trifft, ist das Meer eher unruhig. Wir haben zwar schönes Wetter und wir merken, wie es von Stunde zu Stunde wärmer wird. Aber die unruhige See bringt auch unser Schiff ins Rollen. Wir schwanken gemütlich und träge hin und her, da wir aber zuoberst unter der Brücke wohnen, schwankt unsere Koje ganz ordentlich. Das hat dann manchmal durchaus etwas von Achterbahn, wenn der Boden unter einem wegschwankt. Schlecht ist es uns deswegen noch nicht, aber man muss sich gut festhalten und aufpassen, dass man nicht vom Sofa kullert. Ausserdem empfiehlt es sich, alle Geräte ordentlich festzumachen, denn sonst rutscht dann plötzlich mal die Kamera vom Tisch.
Alles in Allem ist es nun aber tatsächlich sehr ruhig geworden. Die Mannschaft hat jetzt Zeit, zeigt uns das Schiff. Heute hatten wir mit dem Kapitän einen grösseren Rundgang, morgen gehts in den
Maschinenraum. Wir dürfen uns an Bord jetzt auch frei bewegen. Das war bisher etwas schwierig wegen des Wetters. Nun können wir aber rund ums Schiff spazieren, den Bug geniessen oder hinten im Heck eine Partie Basketball spielen – die Mannschaft hat da einen Korb installiert. Auch die Brücke steht uns offen, wann immer wir wollen – die Leute, die da oben Wache schieben, sind ganz froh, wenn jemand auf einen Schwatz vorbeikommt. Die eine oder andere Partie Tischtennis und Doppelkopf ist auch bereits abgemacht und in einer Woche kommt das Spanferkel auf den Spiess. So lässt es sich leben :-)

Satelliten-Bloggen

So, nun ist es soweit. Alle Leitungen gekappt, offene See. Nach dem Auslaufen in Le Havre haben unsere Handys den Kontakt zum Festland ziemlich schnell abgebrochen. Nun ist sie da, die digitale Pause. Allerdings dann doch nicht ganz. Ein gewiefter Technikus wie ich findet natürlich auch auf hoher See noch eine Möglichkeit, zu bloggen. Tatsächlich haben wir hier an Bord ein Mail-Konto, welches wir benutzen dürfen. Ich kann also hier gemütlich im Offiziers-Office meine Blogs schreiben. Wenn alles klappt, dann erscheint dieser Mailtext bald auf meiner Homepage – über Satellit. Da das natürlich sauteuer ist, müsst ihr bei den nächsten Beiträgen halt auf Bilder und sonstigen Schnickschnack verzichten.
Heute sind wir also aus Le Havre ausgelaufen. Gestern hat es noch Landgang gegeben und wir haben dieses seltsame Städtchen ein wenig erkundet. Seltsam deshalb, weil da einerseits natürlich ein riesiger Hafen ist. Das prägt eine Stadt, denn wo Hafen, da auch viel Industrie. Nicht ganz so arg wie in Antwerpen, da standen gleich noch zwei Atomkraftwerke neben unserem Liegeplatz. Aber doch etwas befremdend und nicht unbedingt schön, wenn es an allen Ecken und Enden aus irgendwelchen Kaminen qualmt. Noch seltsamer ist aber die Architektur. Die Innenstadt von Le Havre wurde im 2. Weltkrieg total zerbombt. Also hat sich ein Architekt namens Auguste Perret der Sache angenommen und hat ein ganzes Stadtzentrum aus einem Guss geschaffen. Samit Kirche, Rathaus und zentraler Markthalle. Aus einem Guss ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen, denn sein Baumaterial war Stahlbeton. Und so ist die Innenstadt von Le Havre nun ein Monument aus Beton, alle Häuser sehen gleich aus. Die Kirche besteht aus
Fertigelementen und das Rathaus ist ein Prunkstück in leicht kommunistischer Manier. Der Stahlbeton hat sich übrigens als nicht besonders geeignet hervorgetan, mit der ganzen salzigen Meeresluft rostete das alles relativ zügig durch. Trotz allem war die ganze Sache aber für die damalige Zeit revolutionär und durchaus auch praktisch. Die Wohnungen waren nämlich alle schon fixfertig eingerichtet mit Küche, Einbauschrank, Kinder- und Schlafzimmer. Heute ist alles wie gesagt etwas in die Jahre gekommen, aber die Innenstadt gilt als UNESCO Weltkulturerbe. In der Markthalle kam es dann zum schon erwähnten grossen Käseeinkauf (selbigen haben wir vorhin gerade mit den Offizieren ratzeputz weggegessen) und dann haben wir noch den Seemannsclub kennengelernt – aber dazu morgen mehr. Wieder über Satellit.

Marinetraffic

Noch ein kleiner Tipp (danke Bruno und Hans-Pi): wer die Position unseres Schiffs verfolgen möchte, kann das tun unter www.marinetraffic.com (Schiffsnummer 9444728)

Alles Käse

Heute sind wir mit einem speziellen Auftrag unterwegs: wir sind in Le Havre und haben die Aufgabe, für die Offiziere Käse kaufen zu gehen. Wir haben zusammengelegt und werden uns die nächsten Abende mit Käsedegustationen vertreiben – eines der Rituale der Mannschaft an Bord. Die machen ja diese Route nicht zum ersten Mal. Neu ist die Tatsache, dass die Passagiere einkaufen gehen.
Natürlich machen wir das gerne. Wir kriegen noch den Azubi mit, der uns schleppen hilft. Für uns ist das eine nette Geste, denn es zeigt, dass die strammen Seeleute langsam etwas auftauen. Die ersten Begegnungen und gemeinsamen Mahlzeiten waren ja eher steif und wortkarg. So langsam kommt aber richtig Schwung in die Bude. Der erste Offizier ist für uns erste Anlaufstelle, wenn wir irgendein Bedürfnis haben. Der hilft uns, wo er kann. Der Kapitän ist ausgesprochen nett und plaudert inzwischen gerne aus dem Seemanns-Nähkästchen. Selbst der Chefmechaniker, der in einem allerersten Statement noch gesagt hat, dass er das, was wir hier machen, nun überhaupt nicht verstehen könne, kommt langsam in die Gänge. Als er hörte, dass wir den Käse holen, hat er uns spontan eine Führung durch den Maschinenraum angeboten. Die werden wir dankbar annehmen.
Allgemein sind die Leute wirklich ausgesprochen freundlich. Wir dürfen uns auch frei auf dem Schiff bewegen, solange wir nicht im Weg herumstehen. Auf Deck ging bisher nicht, da der Seegang zu heftig war. Sobald wir aber in ruhigeren Gewässern schippern, werden wir unsere Liegestühle im Bug vorne aufstellen können.
Uebrigens: es gibt weitere Rituale. Auf Deck wird es Barbeque geben, sobald die Nächste etwas lauer sind. Und bei den philipinischen Deckarbeitern ist es üblich, bei Gelegenheit ein Spanferkel zu grillen. Mahlzeit!

Containergeschichten

Am Montag sind wir in Hamburg aus dem Containerterminal Burchardkai losgefahren. Gestern Nacht haben wir im Containerhafen von Antwerpen angelegt.
Die Grösse und Betriebsamkeit dieser zwei Häfen ist unbeschreiblich. Über Quadratkilometer hinweg stapeln sich hier die genormten Schiffscontainer. Dazwischen kreuzen die sogenannten Portalhubwagen. Das sind spezielle Kranwagen, die über den Container fahren, ihn mit einem Greifer anheben, losfahren und ihn dann an der Quaimauer absetzen.
Am Quai selbst übernehmen dann die riesigen Containerbrücken. Das sind grosse Lastkräne, die auf Schienen stehen und so genau in die richtige Position manövriert werden können, um die Containerschächte auf den Schiffen zu beladen. Ein solcher Kran kann 30 bis 40 Tonnen anheben und ein guter Kranführer schafft rund 30 Umschlagvorgänge pro Stunde. Wir beobachten, dass das noch sehr viel schneller gehen kann, teilweise brauchen die gerade mal eine Minute, um einen Container von Land zu heben, im Schiff zu versenken und dann für den nächsten Container wieder in die Ausgangsposition zu fahren. Ein extrem stressiger Job, denn jede Minute Anlegezeit kostet die Reederei richtig viel Geld. Die Kranführer sind also aufgefordert, möglichst schnell, aber auch möglichst präzise zu arbeiten.
Die ganze Logistik der Container geschieht übrigens im Hafen. Hier wird festgelegt, welcher Container auf dem Schiff welchen Platz bekommt. Wäre schliesslich dumm, wenn die Container, die im nächsten Hafen wieder ausgeladen werden zuunterst stehen. Auf dem Schiff wird nur kontrolliert, dass das Gewicht über das Schiff hinweg gut ausbalanciert ist und dass die Befüllung ordentlich befestigt ist.
Unser Schiff fasst maximal 7700 Container und liegt damit so im mittleren Bereich der Schiffsgrössen. Nebenan liegt momentan ein Schiff der MAERSK, welches locker mal das Doppelte an Containern fassen kann.
Und wenn wir schon bei Zahlen sind. In der Hitparade der grössten Containerhäfen liegt Antwerpen an 15. Stelle, knapp hinter Hamburg. Der grösste Containerhafen Europas ist Rotterdam, aber auch der schafft es im weltweiten Vergleich nicht unter die TopTen. Hier liegen samt und sonders asiatische Häfen – wen wundert’s:

Hitparade nach Umschlagsvolumen
1. Shanghai (VR China)
2. Singapur (Republik Singapur)
3. Hongkong (VR China)
4. Shenzhen (VR China)
5. Busan (Südkorea)

Interessant übrigens, dass sich hier im Norden Europas drei so grosse Häfen nebeneinander etablieren konnten. Liegen doch Rotterdam und Antwerpen keine 100 km voneinander entfernt. Offensichtlich können aber alle 3 Häfen gut nebeneinander bestehen, liegen sie doch alle drei im Gebiet der höchsten Kaufkraft der Europäischen Union. Gerade das sichtbesiedelte Ruhrgebiet ist ein wichtiger Absatzmarkt.

Die erste Nacht…

… war ruhig. Naja, es windet ganz ordentlich und es hat eigentlich auch ganz hübsche Wellen. Aber unser Schiff hat ja eine recht stattliche Grösse, ist ziemlich gut beladen und so merkt man vom grossen Schwanken nicht allzuviel. Und doch: ganz so leichtfüssig bewegen wir uns nicht und man ist doch ab und zu froh, wenn man sich irgendwo festhalten kann.
A propos Wind: Unser „Balkon“ ist heute etwas ungemütlich. Vorausgesetzt, man kriegt die Türe gegen den Wind überhaupt auf, wird man da draussen dann doch von ordentlichen Böen durchgeschüttelt – das nimmt einem dann ab und zu grad den Atem, so heftig und unverhofft kommen sie.
Das Leben an Bord ist – wie vermutet – sehr ruhig. Die Mannschaft ist extrem nett, vom Kapitän bis zum Azubi sind alle sehr freundlich. Aber auch sehr wortkarg. Man merkt halt, dass die Leute, die zur See fahren, von Haus aus nicht unbedingt zu den Selbstdarstellern gehören. Die Konversation bei Essen ist eher stockend, ab und zu kommt was nautisches, was wir dann wieder nicht verstehen, aber ganz interessant tönt. Aber wie gesagt, wir fühlen uns sehr freundlich aufgenommen und wohl. Ansonsten haben wir unseren ersten Tag an Bord mit viel Schlaf und viel Lesen verbracht.
Heute Abend um 22 Uhr laufen wir in Antwerpen ein. Ein Besuch in der Stadt liegt wohl leider nicht drin, da wir morgen um 14 Uhr dann bereits wieder auslaufen. Aber dafür sehen wir morgen dann ein bisschen Land bei Tageslicht, das ist auch ganz gut. Heute war es doch eher offenes Meer und Wolken :-)

An Bord

Nun ist es also soweit. Nachdem die Paranagua Express gestern Nachmittag ihren Liegeplatz in Hamburg bezogen hat, blieb während den letzten 24 Stunden Zeit, um x Container von Bord und an Bord zu hieven. Hier am Containerhafen ist 3-Schichtbetrieb, das Laden der Container läuft hier rund um die Uhr.
Heute um 15 Uhr war dann unser grosser Moment. Mit dem Taxi fuhren wir über die grosse Hängebrücke mitten in das Hafengebiet und meldeten uns am Empfang – ein kleiner Container mit zwei fidelen Hamburgern drinnen. Nach dem Ausfüllen einiger Papiere dann der erste Schreck – auf der Passagierliste waren unsere Namen nicht vermerkt. Der Schreck dauerte aber Gott sei Dank nur kurz, nach Konsultation einiger Dutzend anderer Listen tauchten wir dann auch tatsächlich auf. Der Weg war frei, der Shuttle-Bus brachte uns direkt vor unser Schiff.
Schon auf der Fahrt zum Schiff fiel uns grad mehrmals der Kiefer runter: die Dimensionen dieses Containerhafens sind schlichtweg gigantisch. Das Gewusel ist gross, die merkwürdigsten Fahrzeuge kreuzen hier umher und dann sind diese Containerkräne aus der Nähe unbeschreiblich riesig – ganz zu schweigen von den Schiffen, die vor den Kränen vertäut liegen.
Unser Schiff, die Paranagua Express lag nun also vor uns, zwei Crew-Mitglieder nahmen uns freundlich in Empfang, halfen uns beim Gepäck und wir wurden begrüsst mit Kaffee und gefüllten Berlinern. Eine erste Schiffsführung zeiget uns die wichtigsten Einrichtungen und Orte – mehr folgt dann morgen in aller Ruhe.
Unsere Kabine – die Eigner-Kabine – liegt direkt unter der Brücke. Höher hinauf geht also quasi gar nicht. Ein geräumiges Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein erstaunlich komfortables Badezimmer mit WC und Dusche. Und das Beste: direkt neben der Kabine der Ausgang zu unserem Balkon. Wie gesagt: direkt unter der Brücke. Wir können rundherum spazieren und auf die Hunderten von Containern herunterblicken. Dazu der Blick auf den Containerhafen – Wahnsinn.
Mehr dazu in den nächsten Tagen, wir müssen erst mal die ersten Eindrücke verdauen. A propos verdauen: Das erste Abendessen hatten wir auch schon, pünktlich um halb 6 in der Offiziers-Messe. Captain’s Dinner ;-)
Um 21.30 Uhr laufen wir dann aus und damit beginnt unsere grosse Fahrt. Zunächst geht es über die Elbe und an Europas Nordküste entlang nach Antwerpen, unserem ersten Hafen. Da werden wir ab und zu auch Handy-Empfang haben, also kann ich in den nächsten Tagen ganz entspannt über das Leben an Bord berichten. Soviel sei gesagt: der erste Eindruck ist schon mal überwältigend!

Flutschutzplan

Ein Wort, wie man es wohl nur in Hamburg findet – ich habe zuerst nur „Flutsch“ gelesen

Hamburg, 15 Uhr

Heute ist sie eingelaufen. Die Paranagua Express, unser Zuhause für die nächsten 3 Wochen. Wir haben am Nachmittag ihre Ankunft von einer Hafenfähre aus beobachtet. Nun freuen wir uns darauf, morgen unser Kajüte zu beziehen und sind gespannt, wie sich das Leben an Bord so anfühlen wird.

Im Übrigen geniessen wir Hamburg bei Sonnenschein, recht angenehmen Temperaturen und natürlich ein wenig Wind. Wir schlendern durch die Hafencity, shoppen in der Altstadt und geniessen unser Hotel, das 25Hours – ein echter Hoteltipp. Vom Fenster aus blicken wir auf den Hafen und können zugucken, wie Schiffe ein- und auslaufen und mit den grossen Containerkränen beladen werden.

Moderne Globetrotter

Was man halt so braucht: Kabel, adapter, Stromschiene, Autoadapter, Mediensammlung, Photoausrüstung, mobiles Zubehör undsoweiterundsofort. Elektronisch sind wir jedenfalls für alles parat.
Übrigens sieht unser Gepäck insgesamt so aus:

  • 1 Rucksack 18kg
  • 1 Rucksack 21kg
  • 1 Koffer, hauchdünn bei 23kg

Dazu ein ausgiebiges Handgepäck. Einiges davon wird wahrscheinlich in Südamerika bleiben.

Globo Shippi

Die erste Etappe unserer Reise werden wir nicht ganz allein zurücklegen. Auf dem Frachtschiff werden wir begleitet von einem knuddligen, kleinen Gorilla, der mit uns die Welt entdecken will. Er startet mit uns auf eine ganz besondere Weltreise – die Fahrt von Hamburg nach Buenos Aires ist nur die erste Etappe. Danach soll es weitergehen in die Antarktis und von da rund um die Welt zurück in die Schweiz.

Wer die Abenteuer von Globo Shippi miterleben möchte, der kann das auf seiner eigenen Webseite tun: Globo Shippi’s Facebook-Page

Paranagua Express

Wenn wir von unserer bevorstehenden Reise sprechen, dann bleiben die Zuhörer meist bei einem bestimmten Stichwort hängen: Frachtschiffreise. Waaas? Auf einem Frachtschiff? Warum kein Kreuzfahrtschiff? Hat es da noch andere Passagiere? Wie kommt ihr dazu? Weiterlesen

Bald geht’s los

Die neue Webseite ist (fast) fertig. Jetzt gehts nur noch ums Reisen. In Text, in Bild und vielleicht auch mal in Ton oder Film. Immer wieder neue Notizen aus nah und fern.